Schläft ein Lied... (wird noch geweckt...)
Vorläufig können Sie mal nachsehen, ob Sie mit der (unkommentierten)
PPPräsentation klarkommen. (Bei Problemen:
Rückfragen! )
Wenn Sie interessiert, was man bei der
Interpretation von Gedichten
alles beachten Könnte/sollte, bitte:
Ich empfehle die systematische Abfolge der Schritte "Textwiedergabe",
"Textbeschreibung", "Textinterpretation" (einschließlich "Stellungnahme")
einzuhalten. Bei den einzelnen Schritten sollten Sie beachten:
Textwiedergabe
Hinweise und Tipps:
Wenn man den Inhalt eines Textes fixieren und aus ihm die Thematik ableiten
möchte, sollte man darauf achten, dass man
das Gedicht nicht einfach nacherzählt,
nicht einfach Wörter oder Wortgruppen des Textes übernimmt,
sich nicht zu weit vom Text selbst entfernt.
So könnte man vorgehen:
Man liest den Text einmal durch.
Man versucht aus der Erinnerung einzelne Stichpunkte zu notieren.
Man fragt nach dem Zusammenhang zwischen diesen Punkten.
Man zieht unter Umständen den Text nochmals heran und ergänzt.
Man fragt nach möglichem Gemeinsamem, nach einer Entwicklung, einem
Zusammenhang.
Gegebenenfalls wird man auch den Titel des Textes mit heranziehen, um dann
ein vermutetes Thema zu formulieren.
Zur Situation:
Wenn man versucht, die gestaltete Situation und das lyrische Ich in dieser
Situation zu erfassen, wird man unter anderem zu fragen haben:
Wie stellt sich in der Situation das Verhältnis lyrisches Ich-Welt dar?
Gibt es u.U. eine fiktive Gegenwelt?
In welcher Stimmung findet sich das lyrische Ich angesichts der Situation?
Gegebenenfalls wird man einzelne Punkte schon an einzelnen Textelementen
festmachen.
Empfindungen, Eindrücke:
Gerade bei moderneren Gedichten wird man versuchen, einzelne Eindrücke an
einzelnen Textelementen festzumachen.
Auch wenn es problematisch ist, eine umfassende Inhaltsangabe anzufertigen,
so wird man doch aus einzelnen Teilen einen Eindruck dazu ableiten dürfen, wie
das sprechende Ich Welt, Leben oder Situation empfindet.
Eindrücke, Stimmungen:
Oft kommt es vor, dass Gedichte zwar einen Eindruck beim
Leser hinterlassen, dieser Eindruck aber ist so diffus oder so komplex, dass er
nicht oder nur sehr bruchstückhaft beschrieben werden kann. Folgende Fragen
können etwas Klarheit schaffen:
Was wirkt vertraut? Was wirkt fremd?
Was spricht an, was befremdet?
Was erinnert an etwas?
Welche Stimmung wird erzeugt?
Welche Gefühle werden hervorgerufen?
Welchen Eindruck haben Klang und Rhythmus hinterlassen?
Welche Bilder und Vorstellungen stellen sich mir ein? Was
assoziiere ich?
Was bleibt mir dunkel und unklar?
Was stößt ab?
Was stört? Was irritiert?
Textbeschreibung
Wenn Sie einzelne Gegebenheiten eines Textes erkannt haben, sollten Sie
Überlegen, was das Erkannte im Textganzen b erwirkt, d.h., was es zur
Gesamtwirkung des Textes beiträgt;
Feststellen, ob –und wenn ja: welche – Beziehung besteht zwischen dem, was
Sie gerade herausgearbeitet haben, und den schon vorhandenen Ergebnissen.
Diese Ergebnisse können auf den ersten Blick auch ganz andere Berieche
betreffen!
Überprüfen, inwieweit sich die bisher vermutete Gesamtdeutung
(Deutungshypothese) halten läßt, oder ob sie zu verändern ist.
Textaufbau:
Die meisten Gedichte tragen deutliche Merkmale einer äußeren Gliederung.
Sie bestehen aus Strophen, die voneinander abgesetzt sind. Meist ist mit
der Strophengliederung auch eine Sinngliederung gegeben. Läuft der Sinn über
das Strophenende hinaus, so ist das von besonderer Bedeutung.
Weitere Untergliederungen können bestimmte Reimbindungen signalisieren. Der
Paarreim (aabb) bindet zwei Zeilen aneinander, der umarmende Reim (abba) fasst
vier Zeilen deutlich zusammen, der Schweifreim (z.B.: abbcabaccb) kann
bestimmte Zeilen rückbinden, er kann auch über Strophengrenzen hinweg
Verbindungen schaffen.
Auch die Zeile (der Vers) stellt eine gewisse Sinneinheit dar, die
allerdings nicht immer deutlich abgeschlossen ist.
Syntaktisch geht man davon aus, dass mit dem Zeilenende auch eine
syntaktische Schwelle (Ende des Satzes oder Teilsatzes, zumindest eines
Satzgliedes) erreicht ist und damit ein auch vom Satzbau sich ergebender
Sinneinschnitt vorliegt. Ist dies nicht der Fall, reicht also das
Satzkontinuum über das Zeilenende hinaus, so spricht man vom Enjambement.
Besonders unter rhythmischen Gesichtspunkten wird diese Frage interessant: Es
können sich zusätzliche Spannungen ergeben: Das Zeilenende bildet einen
metrischen Abschluss, der Rhythmus aber folgt dem Satzbogen und drängt über
das Zeilenende hinaus.
Eine Versform (der Alexandriner; sechshebiger Jambus) kennt sogar einen
Einschnitt (eine Zäsur) in der Mitte der Zeile (nach der dritten Betonung). So
wird es sogar möglich, thematische Gegensätze in einer Zeile
aufeinanderprallen zu lassen. (Gryphius: „Was dieser heute baut, reißt jener
morgen ein")
Beschreibung des thematischen Aufbaus:
Hinweise und Tipps:
Man wird zunächst bei der Erarbeitung zumindest die
einzelnen Teilthemen notieren, wie sich in ihrer Abfolge ergeben, und dann
nach übergeordneten Gesichtspunkten suchen, die einzelne Themen zusammenordnen
oder gegenüberstellen lassen.
Man wird darüber hinaus nach Zusammenhängen zwischen diesen
Themengliederungen und der (möglicherweise vorhandenen) Strophengliederung zu
fragen haben.
In der Darstellung geht man in umgekehrter Reihenfolge vor:
Man benennt zunächst die großen Rahmenthemen und erläutert dann ausführlicher
die Teilthemen.
Man sollte stets darauf achten, dass man nicht einfach
Formalia benennt (Beispiel: Wir haben einen umarmenden Reim -abba-
vorliegen...), sondern dass man diese formalen Befunde funktional auswertet.
Man kann sich, wenn man den thematischen Aufbau eines Textes beschreibt,
zunächst auf die Inhaltlichkeit beschränken und erst später
Deutungsgesichtspunkte einbeziehen.
Man kann aber auch, so weit dies schon möglich ist, erste Deutungsansätze
einarbeiten. Das empfiehlt sich vor allem dann, wenn es um das Aufzeigen von
Zusammenhängen/Beziehungen über die Abschnittsgrenzen hinweg geht.
Es ist sehr wohl möglich, eine Gewichtung der einzelnen Teile vorzunehmen.
(Oft wird sich das schon in der Benennung, z.B.: „Hauptteil", niederschlagen.
Auch hier sollte man sich nicht scheuen, nach der Funktion der einzelnen
Abschnitte im Gesamtzusammenhang zu fragen. (Im Beispiel: Einleitung,
Hauptteil, Ergebnis)
Zeichnet sich im Text die Darstellung einer Entwicklung ab, so können die
einzelnen Phasen dieser Entwicklung den thematischen Aufbau bestimmen. Bei der
Untersuchung wird man dann sowohl nach den eigenständigen Inhalten dieser
Phasen als auch nach Zusammenhängen (Veränderungen und ihre Ursachen,
Kontinuitäten usw.) fragen.
Gerade wenn man es mit dem sogenannten „Zeilenstil" zu tun hat, d.h., wenn
jeder Zeile ein eigener thematischer Komplex zugeordnet ist, kommt man nicht
umhin, sowohl die einzelnen Teilthemen als auch ihre Zusammenhänge zu
untersuchen, gegebenenfalls (thematische) Gruppen zu bilden und dann nach der
Funktion der einzelnen Gruppen in ihrem Verhältnis zueinander zu fragen.
Es ist sehr wohl möglich, ein Gedicht von seinem Aufbau her
zu interpretieren. (Dann aber wird es um eine besonders deutlich ausgeprägt
Form gehen, wie sie etwa im Sonett vorliegt.) Bildinhalte müssen nicht immer
ausführlich besprochen werden, wenn sie auf der Hand liegen. Es genügt dann,
auf wesentliche Aspekte hinzuweisen und so einzelne Teile der Deutung zu
rechtfertigen.
Klanggestalt:
Als Metrum bezeichnet man das Vermaß, d.h. den Wechsel
von betonten und unbetonten Silben, sofern sich da eine gewisse Regelmäßigkeit
feststellen läßt. Das Versmaß kommt dadurch zustande, dass Wörter so gewählt und
angeordnet werden, dass eine bestimmte Abfolge von betonten und unbetonten
Silben entsteht.
Als Rhythmus bezeichnet man die Klangbewegung, die sich beim Sprechen
als Folge der vorhandenen Wortakzente sowie der Betonung von bestimmten
sinntragenden Elementen ergibt. Über den besonderen Klang, der sich über ein
Metrum erzielen läßt, lassen sich besonders gut Stimmungen zum Ausdruck bringen.
Man wird bei der Beschreibung von Metrum und Rhythmus vom Regelmäßigen
ausgehen und dann das besonders Auffällige, das vom Erwarteten Abweichende
hervorheben und als Deutungsansatz nutzten.
Rhythmus und Metrum haben zwar wesentlichen Anteil an der Wirkung eines
Textes, doch sollte man sich davor hüten, allzu viel aus dem metrischen
Gegebenheiten erschließen zu wollen.
Lautthemen können nicht nur bestimmte Grundstimmungen erzeugen und
wiedergeben, sie stellen zunächst einmal Beziehungen zwischen den Wörtern her,
die ähnlich oder gleich klingen. Zwar wäre es übertrieben, ja sogar falsch, wenn
man bestimmten Lauten eine immer gültige Bedeutung unterstellen würde, etwa: u=
dunkel, I= hell. Dennoch aber können bestimmte Laute zu Sinn- bzw.
Stimmungsträgern werden, Akzente setzen, wenn sie besonders häufig auftreten und
von bestimmten Wörtern in ihrer Bedeutung geprägt werden.
Bilder und ihre Bedeutung
Hinweise und Tipps:
Man ist geneigt, gleich zu fragen, was das einzelne Bild bedeutet. Diese
vorschnelle Suche nach Einzelbedeutungen kann in die Irre führen, da sich eine
einmal entwickelte Teilbedeutung sich auf das ganze Gedicht ausdehnen kann und
so weitere Möglichkeiten verstellt.
Um eine Gesamtdeutung anzustreben geht man am besten so vor:
Man beschreibt, was im einzelnen Bild erkennbar ist.
Man arbeitet die besonderen Merkmale des Bildes bzw. Teilbildes heraus.
Man beschreibt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bildteilen.
Man sucht nach vergleichbaren Bildern bzw. Bildteilen.
Man setzt die Bildteile zusammen und entwirft so ein Gesamtbild.
Man fragt nach einer möglichen Bedeutung des Gesamtbildes.
Wenn man nach der Bedeutung von Bildern sucht, wird man zunächst nach der
Bedeutung fragen, die die verwendeten Wörter im dem Text vorausliegenden
„Normalfall" haben. Beispiel: <Rose> = Bezeichnung einer Pflanze mit bestimmtem
Aussehen....
Dann aber empfiehlt es sich, nach der Bedeutung zu fragen, die das konkrete
Wort im Laufe der Geschichte seiner (gattungsspezifischen) Verwendung
angenommen hat (Motivgeschichte...) Beispiel: <Rose>= in der Lyrik Bild für
Liebe...
Schließlich wird man nach der neu entstehenden Bedeutung innerhalb des
aktuellen Kontextes fragen.
Diese Bedeutung entsteht aus dem Zusammenwirken
-der bisher vorhandenen Bedeutungen,
-der „Bildumgebung" im aktuellen Text
-der Vorstellungen und Assoziationen, die sich im Lesenden ergeben.
Bei der Untersuchung des Bildaufbaus und der Bildbeziehungen (also der
Beziehungen und Entwicklungen, die zwischen den einzelnen Bildern liegen)
empfiehlt es sich,
zunächst einmal dem Textaufbau (Strophengliederung, thematischer Aufbau) zu
folgen.
In einem zweiten Anlauf kann man dann gegebenenfalls auch nach
systematischen Gesichtspunkten untersuchen (kausale, konditionale
Zusammenhänge o.ä.).
Man kann die Bedeutung von Bildern erschließen,
wenn man sie mit ähnlichen Bildern konfrontiert bzw. diese versuchsweise an
ihre Stelle setzt und die Veränderungen, die so eintreten, beschreibt.
In einem zweiten Schritt arbeitet man nun das besondere Merkmal heraus, das
das zu untersuchende Bild von ähnlichen unterscheidet. So kommt man zu einer
spezifischen Bedeutung, die das Besondere dieses Bildes ausmacht.
Schließlich ordnet man das nun näher bestimmte Bild in den Kontext der
übrigen Bilder ein
und fragt nach der Wirkung, die diese auf die Bedeutung ausüben bzw. nach
der Bedeutungsveränderung, die sich durch die gegenseitige Beeinflussung
ergibt.
Bilder bzw. Bildteile lassen sich bisweilen unter bestimmten Gesichtspunkten
zusammenordnen. Eine solche Zuordnung kann sich ergeben
aus der Thematik der Bilder (mehrere Bilder sprechen ein ähnliches Thema
an)
aus den Merkmalen der Bilder (mehrere Bilder haben ein oder mehrere
Merkmale gemeinsam)
aus „formalen" Gegebenheiten (ein Lautthema bindet z.B. mehrere Bilder
zusammen)
Wenn man Bildern zu Gruppen zusammenordnet, sollte man nicht nur auf die
Merkmale der Bilder selbst achten, sondern auch andere Gegebenheiten des
Textes /Lautstruktur, grammatische Gegebenheiten usw.) berücksichtigen.
Grammatische Gegebenheiten
Hinweise und Tipps:
Wenn man auf grammatische Phänomene eines Textes eingeht, so empfehlen sich
folgende Überlegungen:
Was leistet das Phänomen „im Normalfall"? (Bsp.: Verb bezeichnet Tätigkeit,
Vorgang, Geschehen...)
Was leistet es im konkreten Fall? (Bsp.: Das einzige Verb eines Textes
benennt einen Zustand.)
Handelt es sich beim beobachteten Phänomen um eine „reguläre Anwendung"
oder um eine Abweichung? (Bsp.: In einem Text fehlen die Verben.)
Wie weit wirkt sich das Phänomen auf die „Gesamtstruktur" eines Textes aus?
(Bsp.: In einem Text werden verschiedene Tempora benutzt. So wird es möglich,
die Textelemente verschiedenen Zeiten zuzuordnen und die Zeitperspektive als
das strukturbestimmende Moment zu betrachten.)
Deutung:
Gesamtstruktur
Hinweise und Tipps
Die Gesamtstruktur wird man am einfachsten von einem Leitthema, einem
zentralen Motiv oder einer zentralen Strukturlinie her erfassen und
beschreiben.
Soll der Überblick gewahrt bzw. der Zusammenhang hergestellt werden, so ist
es hier sinnvoll, paraphrasierende Teile einzuschieben.
Auch etwas „nicht Vorhandenes" kann zum wichtigen Strukturelement werden,
wenn es zwar angedeutet, aber dann doch ausgespart oder ganz offenkundig
ausgelassen ist.
Einzelne Stilmittel, formale Phänomene und semantische Teile werden von
einem zentralen Gedanken her einer Deutung zugeführt.
Dabei kann man sich dann gelegentlich darauf beschränken, solche
Einzelheiten einfach nur benennend aufzuzählen. In der Regel aber wird man
sie, während man sie kurz anspricht, auch nach einer möglichen Be-Deutung
befragen.
Eine Einordnung wichtiger Motive und Themen in den jeweiligen
Epochenkontext kann das weitere Verstehen wesentlich erleichtern.
Es besteht dabei aber auch die Gefahr, dass das weitere Verstehen durch
eine Vorabbewertung zu stark gesteuert wird.
Bei der Interpretation ist es sehr wohl möglich, einen Text Zeile für Zeile
zu kommentieren bzw. zu interpretieren, dabei muss aber beachtet werden:
der Gesamtzusammenhang darf nicht verlorengehen,
die Deutung des einzelnen Elements darf nur im Gesamtrahmen vorgenommen
werden,
es ist immer wieder vom Ganzen auszugehen. Wird ein einzelner Teil
gesondert behandelt, so muss er am Ende wieder in das Ganze eingefügt
werden.
Nicht immer ist es notwendig, die Formaluntersuchungen jeweils im ganzen
Block abzuhandeln, also z.B. das Metrum des ganzen Textes zu untersuchen, ehe
man sich einem anderen Bereich zuwendet. Man kann auch einzelne zentrale
Motive, Ideen, Gedanken herausarbeiten und diese dann durch eine Untersuchung
auf verschiedene Ebenen absichern, stützen bzw. weiter vertiefen.
Dabei aber wird es immer wieder notwendig werden, eine Rückbindung in den
Gesamtzusammenhang vorzunehmen, da sonst die Interpretation zerfallen würde in
Aussagen zu einzelnen Themen oder Motivkreisen.
Hinweise und Tipps zur Gesamtdeutung:
Es gibt verschiedene Wege, zu einer Gesamtdeutung zu
gelangen.
Am sichersten ist es wohl. wenn man vom Leitthema. vom
zentralen Motiv oder der zentralen Bildstruktur ausgeht, die man in der
Textbeschreibung herausgearbeitet hat
Wichtige Hinweise für die Richtung, in die man sich bei der
Suche nach einer Gesamtdeutung bewegen sollte, kann man dem Gedicht selbst,
vor allem den besonders auffallenden Merkmalen entnehmen. (Die können der
Bildebene entnommen sein. Aber gelegentlich gibt auch die Lautebene oder die
grammatische Ebene Wichtiges zu erkennen!)
Man kommt diesen zentralen Merkmalen am besten dadurch auf
die Spur. daß man fragt, wie (genau) der erste Eindruck, den man gewonnenen
hat. zustande kam, was da besonders „gewirkt" hat usw.
Darüber hinaus wird man dann bei den Bildern und ihrer
Bedeutung einsetzen und nach der Richtung suchen, in die diese Bilder, wenn
man sie zusammenordnet, zeigen. Man wird also z.B. nach einem zentralen
Merkmal, nach der wichtigsten Struktur oder auch nach dem Bereich fragen, dem
die Bilder entnommen sind.
Auch der Aufbau kann Hinweise für den Ansatzpunkt einer
Gesamtdeutung geben. Man sucht z.B. nach dem „zentralen Punkt" (etwa:
Symmetrieachse), um den alles angeordnet ist, oder man verfolgt die
thematische Anordnung, um den „Höhepunkt" zu identifizieren. Hier kann die
Strophengliederung Auskünfte über Entwicklungen, Stufen, Schichten oder
ähnliches geben.
Auch das lyrische Ich, seine Wahrnehmung. sein Verhalten
zur fiktiven Wirklichkeit, sein Empfinden. seine Stimmung oder seine
Erfahrungen im fiktiven Raum können wichtige Ansatzpunkte für eine
Gesamtdeutung liefern.
Die Gesamtdeutung selbst integriert einerseits die in der
Textbeschreibung entwickelten Ergebnisse und Ansätze von Teildeutungen,
andererseits kann sie auch Zeithorizont, biographische Gesichtspunkte und
Absichten des Autors, aber auch literaturgeschichtliche Zusammenhänge wie z.B.
Gesichtspunkte der Motiv- oder Gattungs- und Formgeschichte einbeziehen
Vorschlag für eine Rahmengliederung
Textwiedergabe :
Ausgangssituation: das lyrische Ich und seine „Situation"; erster
Eindruck erste Vermutungen zur Bedeutung; erstes Verstehen
Textbeschreibung: Die Gestaltung des lyrischen Moments
1. Aufbau
a) Strophengliederung (damit Sinngliederung?)
b) Reimordnung (Funktion der Reimbindungen?)
Zusammenhang Zeile-Sinnschritt
2. Rhythmische Form
a) Metrische Form
b) Zusammenhang Metrum - Rhythmus
c) Rhythmischer Bogen. rhythmische Variationen...
d) Rhythmus als Sinnträger (Lebensgefühl. Stimmung...)
3. Sprachform
a) Sprachebene (Verhältnis Thema - Tonfall, Motiv - Darstellungsform)
b) Wortwahl (Wortart -, besonderer Herkunftsbereich...)
c) Satzbau (Satzlänge: Vollständigkeit; Nominalstil, Satzreihung,
Parallelismus...)
4. Klanggestalt
a) Verlauf der „Tonkurve" (Tonhöhe, ansteigen -
abfallen...)
b) Vokalthemen (Klangwiederholung; Assonanz)
c) Alliteration
d) Die Wirkung von Reimen auf das Klangbild;
Zusammenhang mit thematischer Gliederung
e) Pausen, Zäsuren
5. Bildaufbau, Bildbeziehungen
a) Auflösung der Bilder
b) Zusammenhänge zwischen Bildern bzw. Bildgruppen
c) Besonderheiten im Bildaufbau (Synästhesie, Brüche im Bildaufbau
usw.)
6. Bewegungsablauf
a) „Innere" Bewegung(srichtungen)
b) Thematische Abfolgen und damit Veränderungen der „Blickrichtungen"
7. Struktur des Gedichts
a) Struktur als inneres Gerüst, das die Bedeutung der einzelnen
Elemente im Sinne des Ganzen regelt
b) Leitmotiv (mit besonderer Wirkung)
c) Thematische Sequenzen, Kernthemen und Variationen
d) Kontraste, Gegensätze
Zusammenwirken von Metrum, Rhythmus, Klang und Wortbedeutungen
Die Deutung des Gedichts: Integration und Auswertung der
Textbeschreibung; Entwurf einer Bedeutungsstruktur
Texterörterung: Bewertung der Textaussage
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