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Hermeneutik Aufsatzdidaktik Literaturdidaktik Bildung15.02.16

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Didaktik - was'n das?

Natürlich werden Sie sagen: eigentlich überflüssig, aber nun ja...
 

Vielleicht haben Sie  - ein wenig zumindest - recht. Aber trotzdem, irgendwann werden Sie sich auch mal fragen: Was -um Gottes Willen - soll ich denn auswählen? Und: wozu das alles überhaupt?
 

Eben. Und schon wird's didaktisch, genauer: fachdidaktisch, denn mit der allgemeinen Didaktik verhält es sich wohl wie mit den  berühmten Spiegeln, die sich ineinander spiegeln. Sie bleiben, das sagt jedenfalls Goethe, leer.
 

Aber, werden Sie einwenden, dafür haben wir doch unsere Lehrpläne, oder seit neuestem unsere "Bildungsstandards". (Sie sehen richtig: Ich schreibe diese Undinger mit Gänsefüßchen.)
 

Lehrplan hin oder her - letztlich sind Sie verantwortlich für das, was in Ihrem Unterricht geschieht. Und außerdem: Die Lehrpläne sind nicht auf Sinai entstanden (auch wenn manche Ministerialbürokraten so tun, als ob...). Sie sollten also schon nachdenken über die Ziele Ihres Tuns. Ich schlage Ihnen vor: Orientieren Sie sich dabei an Leuten wie Heinrich Roth. (Sind schon etwas älter, aber dafür auch verlässlich!) Hier finden Sie die Zielvorstellungen Roths als Schema und verkürzt. (Sollte Ihnen einiges bekannt vorkommen: Richtig, die Einheitlichen Prüfungsanforderungen für das Abitur -EPA - erinnern in ihren Lernzielebenen an das hier Vorhandene...)
 


 

Nun bin ich Ihnen wohl  doch eine Definition meines Begriffs von "Bildung" schuldig. Nun denn, versuchen wir's:
 

Der Begriff "Bildung" stehe vorläufig für die Summe aller Fertigkeiten, Fähigkeiten, Kenntnisse und Einstellungen, die der Mensch braucht, um sein Leben (heute wie in der Welt von morgen) human und in Würde leben zu können.
 

Whow! Und wo bleibt PISA ? Vergessen Sie's.

"Aha, Humboldt!" werden einige ausrufen. Richtig. Na, und?
 

Wenn Sie es etwas ausführlicher wollen: Bitteschön.

Mein Freund Bernd Balg hat sich da einige Gedanken gemacht. (Sie waren ursprünglich für einen Studientag vorgesehen, aber "man" wollte sie dann dem Kollegium -eines altsprachlichen Gymnasiums !!- nicht "zumuten".)

 Aber Sie sollten sich selbst ein "Bild" machen!  Hier also: Bildung etwas ausführlicher:

Und wie kriegt man das alles auf Augenhöhe? Schließlich wollen wir ja Unterricht machen und nicht über Didaktik dozieren. (Das tun andere gerade zu Genüge!)
 

Erlauben Sie dass ich meinen zweiten didaktischen Schutzheiligen anrufe: Klafki. Ich weiß, auch nicht gerade das Neueste. Aber schauen Sie sich das an und erproben Sie es. Dann vergleichen Sie es z.B. mit dekonstruktivistischen Ansätzen (sofern es da etwas zu vergleichen gibt).
 

Ich habe Klafkis Vorschläge auf eine knappe Form gebracht:
 

Didaktische Fragestellungen nach Klafki

 1)      Welchen größeren bzw. welchen allgemeinen Sinn- oder Sachzusammenhang vertritt und erschließt dieser Inhalt? Welches Urphänomen oder Grundprinzip, welches Gesetz, Kriterium , Problem, welche Methode, Technik oder Haltung lässt sich  in der Auseinandersetzung mit ihm exemplarisch erfassen?

a.      Wofür soll das geplante Thema exemplarisch, repräsentativ, typisch sein?

b.      Wo lässt sich das an diesem Thema zu Gewinnende als Ganzes oder in einzelnen Elementen – Einsichten, Vorstellungen, Wertbegriffen, Arbeitsmethoden, Techniken – später als Moment fruchtbar machen.

2)      Welche Bedeutung hat der betreffende Inhalt bzw. die an diesem Thema zu gewinnende Erfahrung, Erkenntnis, Fähigkeit oder Fertigkeit bereits im geistigen Leben der Kinder, welche Bedeutung sollte er – vom pädagogischen Gesichtspunkt aus gesehen – darin haben?

3)      Worin liegt die Bedeutung des Themas für die Zukunft der Kinder?

4)      Welches ist die Struktur des Inhaltes (durch die Fragen 1,2,3 in die spezifische pädagogische Sicht gerückt)?

a.      Welches sind die einzelnen Momente des Inhalts als eines Sinnzusammenhangs?

b.      In welchem Zusammenhang stehen diese einzelnen Momente? (logisch eindeutig? Faktischer Wirkungszusammenhang?)

c.      Ist der betreffende Inhalt geschichtet? (Hat er verschiedene Sinn- oder Bedeutungsschichten?)

d.      In welchem größeren sachlichen Zusammenhang steht dieser Inhalt? Was muss sachlich vorausgegangen sein?

e.      Welche Eigentümlichkeiten des Inhalts werden den Kindern den Zugang zur Sache wahrscheinlich schwer machen?

f.        Was hat als notwendiger festzuhaltender Wissensbesitz (Mindestwissen) zu gelten, wenn der im Vorangegangenen bestimmte Bildungsinhalt als angeeignet, als „lebendiger“, „arbeitender“ geistiger Besitz gelten soll?

5)      Welches sind die besonderen Fälle, Phänomene, Situationen, Versuche, in oder an denen die Struktur des jeweiligen Inhaltes den Kindern dieser Bildungsstufe, dieser Klasse interessant, frag-würdig, zugänglich, begreiflich, „anschaulich“ werden kann?

a.      Welche Sachverhalte, Phänomene, Situationen, Versuche, Kontroversen usw., m.a.W.: „Anschauungen“ sind geeignet, die auf das Wesen des jeweiligen Inhaltes, auf seine Struktur gerichtete Fragestellung in den Kindern zu erwecken, jene Fragestellung, die gleichsam den Motor des Unterrichtsverlaufes darstellen muss?

b.      Welche Anschauungen, Hinweise, Situationen, Beobachtungen, Erzählungen, Versuche, Modelle usw. sind geeignet, den Kindern dazu zu verhelfen, möglichst selbständig die auf das Wesentliche der Sache, des Problems gerichtete Fragestellung zu beantworten?

c.      Welche Situationen und Aufgaben sind geeignet, das am exemplarischen Beispiel, am elementaren „Fall“ erfasste Prinzip einer Sache, die Struktur eines Inhalts fruchtbar werden, in der Anwendung sich bewähren und damit üben (- immanent wiederholen - )zu lassen?

 (Nach: Wolfgang Klafki: Die didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung; in: Heinrich Roth, Alfred Blumenthal (hrsg.): Auswahl; grundlegende Aufsätze aus der Zeitschrift  Die deutsche Schule; Schroedel, Hannover 1964, S.15-22)
 

 

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Stand: 28.05.07