Freiarbeit

 

Home
Didaktik
Methodik
Modelle
Zur Person
Coaching
Veröffentlichungen

Zum (gesamtmethodischen) Grundkonzept: Freiarbeit

Einleitung — Zum Begriff „Freiarbeit“

 

1       Die Wortbestandteile

 

1.1     Arbeit

Beide Wortteile sind gleichermaßen ernst zu nehmen. Dabei bedeutet Arbeit eine zielorientierte Beschäftigung mit einem Problem, einer Aufgabe, einer Fragestellung. Es geht also um eine an einem Zweck orientierte Beschäftigung und keineswegs um ein „zweckfreies Spielen“, wenngleich spielerische Momente eine wichtige Rolle spielen. Allerdings: Der spielerische Aspekt kann nur den Bereich der Methodik betreffen und nicht den eigentlichen „Inhalt“. Selbst wenn „gespielt“ wird, ist die „Grundsubstanz“ Arbeit immer mitzusehen, mitzudenken. „Arbeit“ sollte im vorliegenden Konzept jedoch das Moment des „Mühsamen“ (im Sinne mhd. arebeit), Beschwerlichen, Unangenehmen nach Möglichkeit verlieren. So könnte als Nebenprodukt, aber als umso wichtiger anzusehen es als ein immanent anzustrebendes Ziel angesehen werden: Positive Erfahrung mit Arbeit als einer (bzw. der) humanen Möglichkeit, sich sinnvoll zu beschäftigen bzw. das Leben sinnvoll zu gestalten.

 

1.2 Der zweite Bestandteil des Wortes: „Frei-“

Auch im Zusammenhang mit diesem Wortbestandteil gilt es, Missverständnisse von vornherein auszuschalten. „Frei“ bedeutet im gegebenen Zusammenhang keineswegs „ungebunden“ oder „der Beliebigkeit anheim gegeben“, sondern:

 

frei bei der Wahl bestimmter Schwerpunkte;

frei bei der Zeitgestaltung;

frei, Fehler zu machen, aber auch

frei, sich Rat und Hilfe zu holen.

 

Man könnte etwas hochtrabend formulieren: Frei bedeutet frei, Verantwortung zu übernehmen. Konkret bedeutet das: Anleitung und Kontrolle durch den Lehrer werden neu zu bedenken und zu organisieren sein. Der Lehrer hat Beraterfunktion, der Schüler hat die Freiheit, sich des Lehrers zu bedienen, seinen Rat einzuholen, oder aber darauf zu verzichten. Er kann sich selbst kontrollieren und überprüfen oder auch darauf verzichten.

 

2       Erste Konsequenzen

2.1 Wahl der Arbeitsbereiche

Freiheit im Bereich der Schwerpunktsetzung bedeutet:

Das Materialangebot ist sehr breit und reichhaltig zu gestalten. Im Sinne schulartbezogener Zielsetzungen (die sich am Lehrplan zu orientieren haben) werden für alle Schüler verbindliche Minimalanforderungen gesetzt. Diese Anforderungen sind so zu wählen, dass sie jeder Schüler selbständig bzw. nach Beratung durch den Lehrer und im Rückgriff auf den parallel laufenden Unterricht erfüllen kann (sofern er an der richtigen Schule ist). Gleichzeitig aber muss das Angebot innerhalb der einzelnen Sparten so reichhaltig sein, dass der einzelne nach vorgenommener Schwerpunktsetzung die Möglichkeit hat, in dem einen oder anderen Arbeitsbereich weiter vorzudringen, zu vertiefen, sich zu profilieren, nicht nur quantitativ mehr zu tun, sondern auch eine qualitativ höhere Stufe zu erreichen, als sie gemeinhin angestrebt werden kann. Beispiel: Es wird im Bereich des Erzählens von jedem Schüler und jeder Schülerin gefordert, dass er oder sie aus den angebotenen Erzählkernen einen auswählt und eine Erzählung gestaltet. Dazu muss er nach Beratung mit dem Lehrer bzw. nach Erinnerung an das, was er im Unterricht gelernt hat, ohne weitere Hilfe in der Lage sein. Auch eine Überarbeitung mit Hilfe des ersten Arbeitsblattes muss möglich sein. Für Schüler nun, die ihre Stärke im Bereich des Erzählens haben und sich hier besonders profilieren möchten, muss das Angebot angemessen differenziert und verbreitert werden. Es geht nicht nur darum, von diesen Schülern mehr Erzählungen zu fordern und ihnen mehr Erzählkerne anzubieten, sondern es geht auch darum, ihnen qualitativ andere Erzählkerne anzubieten (siehe dazu die Beispiele!) und darüber hinaus ihnen auf einem Arbeitsblatt auch eine dritte und vierte Überarbeitung abzuverlangen. (Sie müssten nun in der Lage sein, auch nach zwei Überarbeitungen allenfalls noch vorhandene Mängel wahrzunehmen und zu beheben.) Ihnen wird also eine Arbeit zugemutet, die weit über das hinausreicht, was „normalerweise“ von einem Sechstklässler erwartet werden kann.

 

2.2 Zeiteinteilung

„Frei“ bedeutet auch frei in der Ausgestaltung der Arbeitszeit bzw. der Zeiteinteilung und Organisation der einzelnen Arbeitsphasen. Das bedeutet für den Schüler:

Er muss Erfahrungen sammeln über Zeiteinteilung, auch über die Notwendigkeit von Pausen. Hier werden zunächst völlige Freisetzungen notwendig. Es wird aber von Fall zu Fall für den Lehrer unumgänglich sein, bestimmte Pausen gewissermaßen zu erzwingen, etwa dadurch, dass man anfängt zu erzählen, dass Arbeitsblätter ausgeteilt werden usw. Erste Beobachtungen haben ergeben, dass die Nettoarbeitszeit in jedem Fall (von wenigen „Trödlern“ einmal abgesehen)  deutlich über den Aufmerksamkeitsphasen im Normalunterricht liegen. Um eine Überforderung zu verhindern, müssen daher gelegentlich „Pausen“ durch den Lehrer angesteuert werden. In der Regel aber ergeben sich bei den Schülern solche Pausen bzw. Schwankungen in der Arbeitsintensität von selbst zumindest beim Wechsel von einem Thema zum andern. Auch die Wechsel von Einzelarbeit zur Arbeit in der Gruppe oder mit einem Partner sollten hier genutzt werden.

 

Das Konzept für die Orientierungsstufe

Einzelne Beispiele, Modelle und Materialien werden demnächst hier zu finden sein. Wenn’s aber brennt: Melden Sie sich.

 

1    Orientierungsstufe als "Einheit"?

Die Klassen 5 und 6 werden in gewisser Weise als Einheit betrachtet, insofern vom Orientierungsstufenmodell ausgegangen wird. Allerdings wird versucht, den jeweiligen Gegebenheiten dahingehend Rechnung zu tragen, dass in Klasse 5 mehr der Schwerpunkt auf eine Integration und Aktivierung aller gelegt wird, während in Klasse 6 mehr und mehr der individuellen Förderung Rechnung getragen werden soll. Dahinter steht die Absicht, dem Kind zunächst einmal den Übergang zum Gymnasium zu erleichtern, ihm zu helfen, in einer Gruppe zurechtzukommen, ihm Möglichkeiten zu bieten, sich in der Gruppe zu profilieren, den eigenen Standort zu bestimmen und eigene Fähigkeiten angemessen zu entfalten. In der sechsten Klasse soll dann  etwas mehr differenziert werden nach Neigungen und Fähigkeiten der Kinder, d.h. es wird mehr individuell orientiertes Arbeiten geplant. Das versteht sich dann auch im Hinblick auf eine ernst gemeinte Orientierung bezogen auf eine alsbald fällig werdende Schullaufbahnentscheidung. Eine

solche Orientierung und die in diesem Zusammenhang notwendig werdende Beratung fällt gewiss leichter, wenn eine angemessene Differenzierung und den Fähigkeiten des Kindes entgegenkommende Förderung stattgefunden hat, als wenn nur auf der Basis eines alle (und damit keinen persönlich) berücksichtigenden Unterrichts und der aus ihm hervorgehenden Klassenarbeiten bzw. sonstigen Leistungsfeststellungen entschieden wird.

Wenn im folgenden dann doch zwischen Klasse 5 und 6 unterschieden wird, so ist darin keine grundsätzliche Differenzierung zu sehen sondern lediglich eine Akzentsetzung bzw. Akzentverschiebung. Oft wird eine genauere Trennung nach Klassen von der in Frage stehenden "Sache" her überhaupt nicht möglich sein, sondern lediglich eine Stufung nach Schwierigkeitsgraden vorgenommen werden können, wie dies z.B. im Bereich der Rechtschreibung geschieht, wo dann das Material entsprechend angeordnet ist.

Die Stufenorientierte Grundentscheidung zieht Konsequenzen für das praktische und - nennen wir es vorläufig einmal so - unterrichtsmethodische Vorgehen nach sich. "Stoffentscheidungen" bleiben davon weitgehend unberührt, insofern es die erklärte Absicht des vorliegenden Unternehmens ist, sich weitgehend im Rahmen der Lehrpläne zu bewegen und die zentralen Lehrplanzielsetzungen angemessen zu realisieren.  Verändert werden soll gegenüber dem "üblichen" Unterricht das "Wie" der Realisierung, und konsequenterweise werden die wesentlichen Akzentverschiebungen zwischen Klasse 5 und 6 sich gerade im Bereich dieses "Wie" feststellen lassen. Freilich: nimmt man die Differenzierung entsprechend der Neigungen  der Schüler ernst, so wird es sich in Klasse 6 nicht vermeiden lassen, dass mehr und mehr nach "Inhalten" zu differenzieren sein wird. Dann aber wird es nicht  darum gehen, verschiedene Schüler verschiedene Inhalte bearbeiten zu lassen, sondern darum, zunächst einen Standard zu gewährleisten und dann über diesen Standard hinaus bestimmte Vorlieben zu entdecken und sie angemessen zu fördern.

Es sind nun folgende Schwerpunktsetzungen vorgesehen:

- Klasse 5: Schwerpunkt: Projektarbeit in Gruppen

- Klasse 6: zwei Schwerpunkte:

a) projektorientiertes Arbeiten und der individuelle Beitrag zum Endprodukt der Gruppe

b) die individuelle Neigung und die Förderung des Leistungsvermögens.

Es wird deutlich, dass der Arbeit an Projekten bzw. in projektorientierten Gruppen besondere Bedeutung zukommt. Deshalb soll zunächst geklärt werden, was hier unter "Projekt" und "projektorientiertem Arbeiten" verstanden werden soll.

 

2       Arbeit im Projektverfahren

Hier finden Sie ein Beispiel für ein Projekt. (Dort auch einiges ausführlicher zur Methode!)

 

  

2.1     Zum Begriff "Projekt"

Es mag aufgefallen sein, dass der Begriff nicht zu Beginn schon definiert wurde. Auch jetzt soll keine Definition versucht, sondern vielmehr der Begriffsgebrauch beschrieben werden. W. Klafki hält vier Merkmale der Projektarbeit für unabdingbar:

a) Schüler nehmen auf Auswahl und Gestaltung der Aufgabe entscheidenden Einfluss.

b) Planung und Durchführung ist gemeinsame Leistung der Gruppe.

c) Ergebnis eines Projekts muss ein gegenständliches Werk sein.

d) Die Impulse zur Inangriffnahme eines Projekts können aus verschiedenen Richtungen kommen.

(Wolfgang Klafki, Unterrichtsbeispiele der Hinführung zur Wirtschafts- und Arbeitswelt; Düsseldorf 1970)

Grundsätzlich lassen sich zwei Gruppen von Merkmalen unterscheiden:

 

2.1.1  Merkmale, die Struktur und Zielsetzung betreffen:

a) Nach Struktur und Zielsetzung sind Projekte nicht in den (schulorganisatorischen) Rahmen der Schulfächer zu pressen. Sie zwingen bisweilen zum fächerübergreifenden Vorgehen.

b) Problemlösungen stehen im Mittelpunkt, alle relevanten Disziplinen sind heranzuziehen.

c) Die Zielsetzungen liegen nicht selten am Rand oder gar außerhalb der (lehrplanorientierten) Lernsituation, wie sie der schulische Rahmen "normalerweise" vorgibt, und sie wirken verändernd auf diese zurück.

2.1.2  Merkmale, die die Organisationsform betreffen

a) Die Organisationsform der Projektarbeit ist gekennzeichnet durch kooperative Arbeitsformen. Die Gruppenmitglieder sind prinzipiell gleichberechtigt, haben aber verschiedene Sachkompetenzen (bzw. können/müssen sich eine solche erwerben) und treten je nach Informationsvorsprung oder auch innovativen Einfällen als Lehrende, als Impulsgeber usw. auf.

b) Daraus leitet sich die Forderung nach gemeinsamer Planung, Durchführung und Auswertung ab. Ziele müssen flexibel (nicht aber: willkürlich!) gehandhabt werden können entsprechend den jeweils erreichten Zwischenergebnissen.

c) Die Projektarbeit benötigt ein Mehr an Zeit. Es ist daher zu überprüfen, ob nicht im Sinne eines Epochenunterrichts mehrere Fächer zu beteiligen sind, zumal von der Sache her eine solche Beteiligung wohl in der Regel wünschenswert wäre.

2.2     Zur Methodik bei der Arbeit im Projekt

Es könnten sich an verschiedenen Stellen Schwierigkeiten ergeben, die recht einfach und mittels weniger Hilfsmittel zu beheben sind.

 

2.2.1   Sich kennen lernen

In der fünften Klasse werden die Klassen in der Regel neu zusammengesetzt. Die Schüler kennen sich nur zu einem geringen Teil untereinander. Bei der Zusammensetzung von Arbeitsgruppen soll zwar die individuelle Neigung die entscheidende Rolle spielen, allerdings können auch persönliche Faktoren bei der Wahl eines Partners für die Partnerarbeit wichtig werden. Deshalb ist es zu empfehlen, zu Beginn der fünften Klasse die Schüler sich selbst vorstellen zu lassen in Form eines kleinen "Steckbriefs", der die wichtigsten Angaben enthält, die die anderen interessieren könnten. (Einen solchen Steckbrief wird man wohl im Klassenverband entwerfen, indem man zunächst die Fragen zusammenträgt, die interessieren, und sich dann überlegt, wie man diese Fragen beantworten sollte, um auf möglichst knappem Raum die interessantesten Informationen mitzuteilen.  Sofern man in der Klasse die Möglichkeit hat, mit einer "Wandzeitung" zu arbeiten, wird man eine Abteilung reservieren für diese Steckbriefe.

 

2.2.2    Zuordnung zu einer Arbeitsgruppe

Will man nach Neigung differenzieren, so ist es notwendig, etwas genauer die jeweiligen Teilbereiche, die in einem Projekt anstehen, anzugeben und den Schülern die Möglichkeit zu geben, sich für den einen oder anderen Teilbereich bzw. das eine oder andere Teilprojekt zu entscheiden. So empfiehlt es sich dann, so etwas wie "thematische Landkarten" zu erstellen und zu jedem der angebotenen Teilbereiche knapp zu sagen, was da zu machen sein wird (sofern sich das aus der Problemstellung  nicht selbst ergibt). Gleichzeitig wird man bei jedem Projekt, soweit dies möglich ist, Felder offen lassen für eigene Ideen und Teilprojekte der Schüler. Die Schüler können sich dann angesichts einer solchen "Landkarte" genauer orientieren, ehe sie sich entscheiden. (Im Materialteil finden sich für die meisten Projekte solche Landkarten im "Skelettzustand". Sie können übernommen, aber auch modifiziert und an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden. Meist finden sich auch erste Arbeitsblätter, die den Schüler auf dem Weg der Entscheidungsfindung helfen wollen, zu einer reflektierten Entscheidung zu kommen. Diese Blätter müssen nicht unbedingt bearbeitet werden, doch sollten sich die Schüler mit ihnen beschäftigen, da sie durch sie angeleitet werden, sich in einer ersten Annäherung mit dem jeweiligen Thema/Problem auseinander zu setzen.

 

2.2.3   Problem des Informationsaustausches/Informationsflusses

Natürlich wird vieles einfach angekündigt, besprochen, erklärt, gefragt usw., ohne dass dafür ein besonderer institutioneller Rahmen geschaffen werden muss. Gerade darauf wird der Lehrer sein besonderes Augenmerk zu richten haben, dass nicht durch Formalisierung der persönliche Kontakt zum einzelnen Schüler gefährdet wird. Dennoch aber wird es auch darum zu gehen haben, Organisationsformen zu finden und einzuüben , die eine Arbeit an Projekten erst ermöglichen. Dabei geht es vor allem um Formen des Informationsaustauschs. Nicht immer wird alles im direkten Gespräch geklärt, abgestimmt, gefragt, überprüft werden können. Nicht alle Zuordnungen können durch mündliche Weisung erfolgen, nicht alle Entscheidungen sind sofort und aufgrund einer mündlichen Mitteilung möglich bzw. sinnvoll. Es ist in diesem Zusammenhang dringend zu empfehlen, gewissermaßen "projektbegleitend" eine Wandzeitung (bzw. pro Projekt eine größere Abteilung einer solchen) zu "unterhalten", an der

-Projekte bzw. Teilprojekte angekündigt,

-Probleme anderen bekannt gemacht,

-Informationen zu Teilthemen veröffentlicht,

-Zuordnungen vorgenommen,

- schließlich auch Ergebnisse allen zugänglich gemacht

werden können.

(Eine solche "Wandzeitung" sollte entweder an einer Seitenwand oder an einer eigenen "Stelltafel" ihren Platz finden.)

Im Verlauf des Arbeitens in der fünften Klasse wird es bald offenkundig werden, dass das Chaos an den Aufhängevorrichtungen bzw. Bekanntmachungstafeln (sofern man solche zur Verfügung hat) mehr und mehr überhand nimmt. Die Schüler werden so gewissermaßen "von selbst" zur Einsicht in die Notwendigkeit einer gewissen Ordnung gelangen, wie sie durch die Einrichtung einzelner Sparten gewährleistet wird. Man wird deshalb an entsprechender Stelle eine kurze Sequenz im Klassenverband einschieben, in der der künftige "Rahmen  Wandzeitung" etwas einlässiger behandelt wird.

Diese Überlegungen werden sich zunächst auf den "Ordnungsrahmen", d.h. also auf formale Bereiche beziehen, dann aber könnten auch einzelne Textarten in die Überlegungen einbezogen werden, die im Rahmen einer Wandzeitung eine besondere Rolle spielen. Vor allem aber, und das ist besonders wichtig, wird die Wandzeitung als "Veröffentlichungsort" für die einzelnen Arbeiten und auch für andere Informationen  anzusehen sein.

 

Exkurs: Wandzeitung

 

Hinweise zur Durchführung:

Einstieg: Überlegungen zur gegenwärtigen Situation

- Entweder es ist schon so etwas wie eine Wandzeitung im Entstehen bzw. in Gebrauch (verschiedene interessierende Informationen werden "irgendwo" aufgehängt);

- oder ein solcher Ort des Informationsaustauschs fehlt noch.

Im ersten Fall wird man gleich in Überlegungen der Art "Was ist die Aufgabe eines solchen Brettes? Wie/unter welchen Bedingungen kann das Brett diese Aufgaben am besten erfüllen?" einsteigen. Im zweiten Fall wird man sich überlegen: Wie könnte man es anstellen, dass solche Mitteilungen/Informationen, die alle angehen, auch alle erreichen?

Auf eine dritte Möglichkeit sei noch hingewiesen: Jede Schule hat in der Regel eine "Schwarzes Brett", an dem es mehr oder weniger chaotisch zugeht. Ein kurzer Unterrichtsgang zu diesem Brett vermag den Schülern einen Eindruck zu vermitteln und bewusst zu machen, welche Möglichkeiten ein solches Brett bietet, aber auch, welche Verwirrung entstehen kann.

Zweiter Schritt: Überlegungen: Wofür konkret wird in der Klasse eine Wandzeitung gebraucht?

Es werden einzelne Stichpunkte gesammelt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass schon gegliedert und nach übergeordneten Gesichtspunkten geordnet wird. (Es sollten also sowohl Details als auch übergeordnete Gesichtspunkte notiert werden.) Natürlich kann dabei auch einiges von dem aufgenommen werden, was man am Schwarzen Brett der Schule  festgestellt hat.

Dritter Schritt: Gruppieren/Gliedern

Nach welchen Gesichtspunkten lässt sich die Wandzeitung übersichtlich anlegen? Es geht nicht darum, ein starres Gliederungsschema und vor allem kategorial einheitliche Rubriken zu entwerfen, vielmehr soll entsprechend den Bedürfnissen im konkreten Fall überlegt und dann auch entschieden werden. Zu überlegen wird z.B. sein:

Kann man nach Schreibanlässen bzw. -haltungen (also etwa unterschieden nach "Textsorten") ordnen, oder sollte man nach den Gegenständen bzw. Ereignissen ordnen (also etwa jedem Projekt eine Spalte reservieren)?

Beide Möglichkeiten sollten überlegt, vielleicht auch ausprobiert werden. Man wird vermutlich zu einer "zweckmäßigen Mischung" kommen.

Vierter Schritt: Hinweise zum Verfassen von Informationen

Wahrscheinlich wird man bei Gelegenheit im Laufe des Arbeitens auch einiges Allgemeinere zu sagen haben zum Verfassen von informierenden Texten. Man könnte die wichtigsten Voraussetzungen, aber auch wichtige Gesichtspunkte, die das Abfassen selbst betreffen, besprechen.

Die wichtigsten Voraussetzungen lassen sich unter den Gesichtspunkten zusammenstellen:

- Worüber willst du informieren?

-Was willst du mit deiner Information erreichen?

-Was erwarten deiner Meinung nach deine Leser im konkreten Fall?

Aus diesen Überlegungen lassen sich allgemeine Hinweise ableiten:

Der Leser erwartet:

Sachbezogenheit - Genauigkeit:

unmissverständliche Information über eine Sache oder ein Ereignis

Information ohne Umschweife

geordnete, übersichtliche Information

Verständlichkeit

 

Du musst berücksichtigen:

Wenn du über eine Sache, ein Ereignis, einen Zusammenhang, einen Plan berichten willst, musst du deinen Redegegenstand möglichst genau darstellen. (Der Leser weiß ja noch nicht Bescheid). Deine persönliche Meinung solltest du nicht mit der sachlichen Darstellung vermischen. (Du brauchst nicht ganz auf sie zu verzichten!)

Fasse dich kurz und konzentriere dich auf das Wesentliche.

Ordne die Einzelheiten nach einem sinnvollen und erkennbaren Prinzip (zeitliche Abfolge; Ursache - Wirkung; Absichten - Folgen...) und hebe das besonders Wichtige eindeutig hervor.

Wenn du willst, dass deine Leser deinen Text verstehen, musst du dich in deiner Sprachgebung an dem orientieren, was deine Leser verstehen können. (Nicht jeder ist ein Fachmann, nicht jeder kann sich alles gleich richtig vorstellen!)

 

2.3     Und trotzdem...

Angesichts dieser Zielsetzungen, Forderungen, organisatorischen Notwendigkeiten und erwartbaren Schwierigkeiten ist man geneigt, sich auf das Übliche zurückzuziehen und auf die Arbeit im Projektverfahren wenn nicht ganz zu verzichten, so doch sie auf die "Projektwochen" zu verlagern. (Solche Projektwochen kann man dann ja über Konferenzbeschluss wieder verschieben oder ganz zu Fall bringen.) Allerdings: die motivatorischen Möglichkeiten und pädagogischen Perspektiven, die sich bieten, bleiben dabei ungenutzt. Und deshalb soll hier versucht werden, im Rahmen der organisatorischen Vorgaben (Stundenplan...), im Rahmen der bildungspolitischen Rahmenbedingungen (Fachunterricht und Lehrplan) und im Rahmen der materiellen "Normalbedingungen" am Gymnasium (fehlendes Material, fehlende finanzielle Mittel, keine räumlichen Möglichkeiten usw. ..) dennoch an Projekten zu arbeiten, die dem oben ausgeführten Anspruch wenigstens halbwegs gerecht werden. Dabei werden natürlich im Interesse einer wirklichkeitsnahen Ehrlichkeit an allen möglichen Stellen Abstriche zu machen sein und Modifikationen notwendig werden, aber ich halte nicht viel vom Entwurf eines Idealmodells, einer "Modellschule" o.ä., von dem wir zwar gerne träumen, das aber in der Wirklichkeit unter "Normalbedingungen", wie sie der Durchschnittslehrer antrifft, nicht realisierbar sind.

So sind wir dann schon zufrieden, wenn wir statt Einzelstunden wenigstens einen wöchentlichen Zweistundenblock im Stundenplan haben. Über einen abschließbaren Schrank sind wir bereits glücklich, eine Korktafel oder eine Stellwand basteln wir u.U. selbst (der Hausmeister hat vielleicht einige handwerkliche Fähigkeiten und hilft...), Kassettenrecorder können die Schüler mitbringen, und wenn wir gar noch gelegentlich den Computerraum benutzen dürfen, sind wir schon fast restlos befriedigt. Vielleicht lässt sich dann noch von Fall zu Fall ein Kollege (etwa der Kunsterzieher) dazu überreden, an dem einen oder anderen Gegenstand mitzuarbeiten...

 

3       Arbeit in Gruppen

Zur Arbeit in Gruppen bleibt zu vermerken:

Zunächst einmal ist daran gedacht, dass sich in Klasse 5 die Gruppen immer wieder freiwillig und themenbezogen zusammensetzen können. Gelegentlich wird der Lehrer wohl leicht steuernd eingreifen, um das einzelne Kind zu schützen bzw. um ihm auch die Möglichkeit zu sichern, sich und sein Können auch positiv in die Gruppe einbringen zu können. (Ein etwas schüchternes Kind hätte z.B. in einer  starken Gruppe kaum eine Chance, zu Wort zu kommen.)

Hinsichtlich des Zusammenhangs von Gruppenarbeit und Projektarbeit sind verschiedene Strukturen konzipiert:

 

3.1     Erstes Konzept: Ein thematisch orientiertes Projekt - verschiedene Arbeitsgruppen

 

Während das Projektthema klar abgegrenzt und festgelegt ist, befassen sich verschiedene Arbeitsgruppen mit verschiedenen Problem- bzw. Teilbereichen.

Der Stoffrahmen ist durch die inhaltliche Vorgabe (Beispiel etwa: eine Zeitungsmeldung) eng begrenzt. Die Gruppen arbeiten innerhalb dieses Bereichs, sind dort aber relativ frei in der Festlegung von Zielen und auch bei der Modifikation dieser Ziele im Verlauf des Arbeitens.

Mögliche Arbeitsgruppen: Je nach Behandlung des Stoffes werden sich die Arbeitsgruppen organisieren und auch die Arbeit durchführen. Die Gruppe "Diskussion" wird anders zu arbeiten haben als die Gruppe "Spiel", die Gruppe "Gerichtsverhandlung" wird andere Gesichtspunkte einbeziehen als die Gruppe "öffentliche Meinung" usw. Hier wird auch deutlich, dass die Vorschläge, die im Materialteil gemacht werden, sehr wohl offen sind für weitere Gruppenthemen.

 

3.2     Zweites Konzept: Ein lockeres Rahamenthema - die Gruppen arbeiten eigenständiger

 

Während hier der thematische Rahmen recht offen gehalten ist und sich u.U. "nur" auf den methodischen, organisatorischen und nur im weitesten Sinn auf den inhaltlichen Rahmen bezieht, grenzen die Gruppen ihren genaueren Arbeitsbereich ab und fixieren ihr Projektziel genauer. Beispiel:

Thematischer Rahmen: Märchenspiel

Der Rahmen ist noch offen gehalten (man könnte ihn weiter eingrenzen auf "Puppenspiel" oder "Hörspiel" oder...). Man wird aber doch wohl auch noch einige (geeignete) Märchen vorschlagen, schon um den allzu schnellen Rückgriff auf schon Bekanntes zu vermeiden.

Gruppenarbeit: Die Gruppe legt den Rest fest, das reicht dann von der Auswahl des konkreten Märchens über Wahl des Darstellungsmediums (u.U.), über den Entwurf des Spieltextes und über die Inszenierung bis hin zur Aufführung selbst.

 

3.3     Drittes Konzept: Lockeres Rahmenthema - Gruppen übernehmen präzise abgegrenzte Projekte - innerhalb der Gruppe arbeitet der einzelne weitgehend eigenständig.

Hier handelt es sich um eine weitere Differenzierung der zweiten Struktur. Der einzelne zeichnet nun für seine Arbeit selbst verantwortlich und bleibt auch der "Autor" dieses Teils. Darüber hinaus gibt es natürlich auch Teile, die von der gesamten Gruppe verantwortet werden. Das betrifft dann neben inhaltlichen Aspekten auch organisatorische und formale Bereiche. Beispiel:

Projektthema: Wir machen eine Ausstellung: berühmte Jugendbuchautoren und ihre Bücher.

Die Inhaltsgruppen setzen sich nach Autoren zusammen. Innerhalb der Gruppen bearbeiten jeweils zwei Schüler die Biografie eines Autors und jeweils ein Schüler zwei Bücher eines Autors. Die Gruppe selbst ist für den Teil der Ausstellung verantwortlich, der sich mit ihren Autoren beschäftigt. Darüber hinaus gibt es Gruppen, die sich mit organisatorischen Dingen beschäftigen (Briefe abschicken, Termine, Raumfrage...). Aber auch eine technische Gruppe und eine Redaktionsgruppe werden eingerichtet. (Genaueres siehe im Materialteil.)

 

3.4     Beabsichtigte Lernprozesse

 

Die Schüler sollen mehr und mehr Strukturen kennen lernen, die das Arbeiten im Team, in der Gruppe bestimmen. Dabei wird zunehmend Wert darauf gelegt, dass sie einsehen, warum an dieser oder jener Stelle Einzelarbeit sinnvoller ist, aber auch erkennen, dass sich aus der Arbeit in der und für die Gruppe eine soziale Verpflichtung ergibt, die mit den Begriffen "geben" und "nehmen" nicht angemessen beschrieben werden kann.

Wichtig wird dann auch, dass sie sich mehr und mehr selbst beteiligen an der Konstitution der jeweils konkret zu entwickelnden Struktur, d.h. die Pläne, die als "Landkarten" das jeweilige Thema erkennen lassen, lassen sich auch als die Arbeit mitbestimmende Strukturen lesen, auf deren Modifikation die Schüler zunehmend Einfluss nehmen sollten, und sei es auch nur, indem sie neue Gruppen oder ergänzende bzw. aternative Aufträge entwerfen. Natürlich wird man als Lehrer hier auch Experimente zulassen und vor allem das Scheitern als ein den Lernprozess förderndes Element begreifen.

 

Es sei noch einmal besonders darauf hingewiesen, dass es auch hinsichtlich der Verbindlichkeit der Inhalte unter einzelnen Projektvorhaben zu unterscheiden ist. Die Unterscheidungen decken sich annähernd mit den jetzt dargestellten Strukturen. Die Inhalte, die  für alle Schüler als verbindlich betrachtet werden, sollten in Projekten des Typs 2 bzw. 3 erfasst werden. Man wird gelegentlich auch verbindliche "Formalinhalte" im Bereich des Typs 1 unterbringen können, so etwa bestimmte Schreib- und Gesprächsformen.

 

4       Einzelarbeit und individuelle Leistung:

 

Zur "Orientierung nach Neigung"

Wird die Entscheidung für eine Gruppe bzw. für ein Projekt oder Teilprojekt ernsthaft betrieben und bedacht, so findet bereits hier eine erste Orientierung entsprechend der Neigung statt. Es empfiehlt sich aber, immer auch Angebote bereitzuhalten, die eine individuelle Arbeitsform vorsehen und dann  eher eine Neigungsentscheidung erkennbar werden lassen. (In anderen Fällen können "sachfremde" Motive die Entscheidung für eine Gruppe doch zu sehr beeinflussen.)

Gerade in Klasse 6 werden mehr und mehr Arbeitsbereiche bzw. Arbeitsfelder und Hilfen angeboten, die eine individuell geprägte Arbeit erfordern und gleichzeitig noch genügend Raum für Schwerpunktsetzungen lassen. Der Lehrer wird in diesem Zusammenhang gelegentlich die Arbeitspläne seiner Schüler durchsehen, um solche Schwerpunktsetzungen feststellen zu können. Es ist bei der Materialauswahl und -zusammenstellung darauf geachtet worden, dass einerseits ein gewisser "Standard" von allen erledigt werden kann, ehe weitere Arbeiten vertiefend fortgeführt werden können. (So ist z.B. die erste Überarbeitung der Erzählung von allen Schülern zu erwarten, die weiteren Überarbeitungen aber werden je nach Neigung mehr oder weniger gründlich und sachgerecht durchgeführt.)

 

5       Funktionen des Lehrers

Grundsätzlich ist der Lehrer Berater, der sich allerdings nicht aufdrängen darf, sondern bereitsteht für Fragen. Wichtige weitere Funktionen:

 

5.1     Der „große Organisator“

Er baut den organisatorischen Rahmen auf und achtet auf seine Aufrechterhaltung, d.h.

- er sorgt für die Erfüllung minimaler räumlicher und sachlich-materieller Bedingungen des Arbeitens.

- Er achtet darauf, dass einzelne wie Gruppen durch andere nicht allzu sehr bei ihrem Arbeiten gestört werden.

- Er achtet darauf, dass einmal initiierte Lernsituationen durchgehalten werden, oder aber ein Scheitern wird plausibel begründet.

 

5.2     Der Fachmann

Der Lehrer ist als "Fachmann" gefragt. Das betrifft sowohl die Sache als auch die Arbeitsmethodik, aber auch die Pädagogik. Im einzelnen bedeutet das:

- Er wird in einzelne Arbeitsbereiche einführen.

- Er wird Arbeitsmethoden vorstellen.

- Er wird Anregungen zur Sache geben.

Es bedeutet nicht, dass er der omnipotente Olympier zu sein hat.

 

5.3     Der Lehrer als "Bewunderermeister" (A. Schütt)

Das bedeutet:

- Der Lehrer bestätigt Lernerfolge und Fortschritte.

- Der Lehrer sorgt für eine weitere Publizierung wichtiger Teile, stellt aus und sammelt.

- Der Lehrer macht grundsätzlich Lernprozesse und vor allem Lernerfolge sichtbar, indem er die Arbeitsergebnisse angemessen hervorhebt.

 

5.4     Der Lehrer als der Schuldige

Wenn alles schief geht, muss ja einer schuld sein. Da es die Schüler nicht sein können (schließlich sind sie ja die Kinder ihrer Eltern, und wer legt sich gern mit Eltern an?), die Schulverwaltung es nicht sein darf (schließlich ist sie ja im Besitz der einschlägiger Verwaltungsvorschriften und damit der ewigen Verwaltungsweisheit), muss es der Lehrer sein. (So ist das mit der Logik.)

 

6       Zu Fragen der Organisation

 6.1     Stundenplan

Freiarbeit und Stundenplan, d.h. eine Segmentierung des Vormittags in Einheiten zu 45 Minuten, schließen sich nach der landläufigen Meinung genauso aus wie Freiarbeit und der Versuch, Lehrplanziele bzw. -inhalte zu realisieren. Bei einer entsprechenden Füllung des Begriffs „Freiarbeit“ mag der hier skizzierte Gegensatz tatsächlich so existieren. Nun gibt es aber auf der Skala von „Frei“ bis „Arbeit“ wohl verschiedene Positionen und verschiedene Möglichkeiten, Schwerpunkte zu setzen. Ich habe meine Auffassung von „Freiarbeit“ schon skizziert. Hier geht es nun darum zu zeigen, dass es nicht unbedingt erforderlich ist, auf Freiarbeitsperspektiven zu verzichten und den Stundenplanmachern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Gleiches gilt für die angesprochene Problematik einer Realisierung von Lehrplanzielen bzw. -inhalten. Es kann also hier keineswegs erwartet werden, dass ein Idealkonzept entworfen wird, wie es an idealen Schulen unter idealen Bedingungen mit einem idealen (oder besser noch: ohne einen) Stundenplanmacher und auch ohne am Ende dann doch verbindliche Lehrpläne entworfen wird. Vielmehr soll all dem Rechnung getragen werden, was im „Normalfall“ ins Haus steht. D.h. wir gehen von einem „ganz normalen“ Stundenplan aus, wir gehen davon aus, dass unsere Schüler in ihrem späteren Leben mit einer Gesellschaft konfrontiert werden, die von ihnen erwartet, daß sie bestimmte Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten mitbringen, dass sie also nach Lehrplänen unterrichtet und ausgebildet wurden, und wir gehen davon aus, dass die Schulen so gut wie gar nicht für Vorhaben, wie sie hier vorgestellt werden, ausgestattet sind und die Schulträger kaum bereit sind, Mittel zu investieren. Die einzige optimistische Voraussetzung, die hier gemacht wird, ist: Wir setzen eine Lehrerin oder einen Lehrer voraus, deren / dessen „pädagogischer Eros“ noch nicht ganz flügellahm geworden ist, für den die Schüler und gelegentlich auch die Unterrichtsgegenstände im Mittelpunkt der Überlegungen stehen, der oder dem es darauf ankommt, bisweilen auch einmal an einer „Sache“ zu arbeiten, die nicht ihr Ende findet in der nächsten Klassenarbeit und der anschließenden Notengebung. Freilich: Die organisatorischen Gegebenheiten, wie wir sie antreffen, müssen nicht

alle so hingenommen werden. Im Rahmen des Möglichen lassen sich Verbesserungen erreichen. So sollte wenigstens eine Blockstunde verfügbar sein. Das aber wird sich ohne allzu große Probleme bewerkstelligen lassen. Es brauchen ja nur zwei Fachstunden geblockt zu werden.

 

6.2     Klassenraum

Wünschenswert, wenn nicht unabdingbar ist, dass die Klasse einen Klassenraum zur Verfügung hat, der nur für sie da ist und nicht von anderen Klassen mitbenutzt wird. Der Raum sollte gegebenenfalls auch abgeschlossen werden können. Die Wünsche, die die Ausstattung des Raums betreffen, sind natürlich recht vielfältig. Allerdings können auch hier bei Bedarf Abstriche gemacht werden. Der Raum sollte wenigstens ein Regal sowie einen abschließbaren Schrank enthalten. Außerdem wäre es gut, wenn man über einige Stellwände bzw. Korktafeln verfügen könnte, an denen über die jeweiligen Vorhaben bzw. Arbeitszwischenergebnisse informiert werden kann. Wichtige Bücher sollten ständig verfügbar sein, vor allem mehrere Exemplare eines Rechtschreibwörterbuches, Schülerlexika, etymologisches Wörterbuch, Atlas, Sprachatlas; nach Möglichkeit sollten auch Sammlungen verschiedenster Art bereitgestellt werden, etwa Sagensammlungen, Lügengeschichten, Schwänke, Märchen, Gespenstergeschichten usw. Gegebenenfalls wird hier der Lehrer seinen eigenen Bücherschrank einmal durchforsten, aber über die Taschenbuchverlage sind auch recht preisgünstige Sammlungen greifbar geworden. Übrigens: Die „Ramschtische“ der Buchabteilungen einiger Kaufhäuser halten bisweilen recht kostengünstige Sammlungen bereit.

 

6.3 Die Arbeitspläne

Das vorliegende Konzept ist so angelegt, dass im Idealfall 1/3 bis 2/3 des gesamten Deutschunterrichts in Freiarbeit ablaufen kann. Das bedeutet: Zum einen müssen Minimalanforderungen ausgewiesen werden, die für jeden Schüler / jede Schülerin verbindlich sind, darüber hinaus aber gibt es dann ein breites Feld von Möglichkeiten, intensiv und eigenständig zu arbeiten. In diesem Zusammenhang haben die Arbeitspläne ihre wichtigste Funktion: Sie sind offen für eine differenziertere Festlegung. Die vorgesehenen Pläne sehen eine solche Festlegung durch den Lehrer bzw. die Klasse vor, d.h. es wird zunächst ganz offen umrissen, was angestrebt werden soll, erst dann wird mittelfristig ein Plan festzulegen sein, nachdem erste Erfahrungen gesammelt wurden. In die Arbeitspläne tragen die Schüler die jeweiligen Daten und Arbeitszeiten ein. Es wird dann am Ende für den Lehrer einfach, die vom Schüler vorgenommene Schwerpunktsetzung zu überschauen. Empfehlenswert erscheint, jedem Kapitel bzw. Teilkapitel ein (zunächst leeres) Blatt vorzuschalten, auf dem die Kinder immer wieder notieren, was sie bereits erledigt haben. Solche „Rechenschaftsberichte“ haben eine andere Aufgabe: Sie sollen dem Kind erlauben, sich selbst Rechenschaft abzugeben über das, was schon erreicht ist, um nicht nur immer das noch lange nicht erreichte Ziel, sondern auch einmal das bereits Erledigte vor Augen zu haben.

 

6.4 Freiarbeit und „Normalunterricht“

Wenn die Hälfte bzw. zwei Drittel des gesamten Deutschunterrichts in Freiarbeit ablaufen, so wird eine enge Verzahnung von Normalunterricht und Freiarbeit unumgänglich. Eine solche Verzahnung kann sich einmal so darstellen, dass ein im Normalunterricht kurz und knapp behandelter Gegenstand so viel Interesse findet, dass man sich etwas intensiver mit ihm beschäftigen möchte. (Bei der Entwicklung des vorliegenden Materials war dies z.B. der Fall bei der „Namenkunde“.) Oder aber die Kinder arbeiten im Rahmen der Freiarbeit an einem Projekt, und es zeichnen sich Probleme ab, die in allen Gruppen gleicherweise auftreten. Es hat sich in diesem Zusammenhang bewährt, in der Anfangsphase eines jeden Projekts wie auch zu Beginn der Bearbeitung eines Problemfeldes von jedem Kind auf einem eigenen Blatt notieren zu lassen, welche Probleme auftauchen und welche besonders schwierig erscheinen. Gelegentlich wird man dann diese Zettel einsammeln, um sich zu orientieren. So wird es dann recht einfach festzustellen, ob es Fragen gibt, die von allgemeinem Interesse sind und die deshalb schon aus ökonomischen Gründen im Klassenverband besprochen werden sollten.

 Auf einen dritten Aspekt der Verzahnung sei noch hingewiesen. Natürlich müssen auch im Deutschunterricht Klassenarbeiten geschrieben werden, in manchen Bundesländern sogar im Fach Deutsch mehr als in den übrigen Fächern. Es hat sich als praktikabel erwiesen, auch diese Klassenarbeiten im Zusammenhang mit der Freiarbeit auszuwählen und die eine oder andere Arbeit in fast unmittelbarem Zusammenhang mit der Freiarbeit zu schreiben. So ist es beispielsweise möglich, Erzählungen und Anleitungen als Klassenarbeiten zu schreiben, nachdem die Kinder im Bereich der Freiarbeit sich intensiv mit der jeweiligen Textart beschäftigt haben.

 

6.5 Fächerübergreifende Zusammenarbeit

Für alle Projekte und Arbeitsfelder, die im Rahmen der Freiarbeit bearbeitet werden sollen, gilt: Im Vordergrund steht nicht das Fach, sondern die ins Auge gefasste Sache, das ins Auge gefasste Problem. D.h. es wird sich von Fall zu Fall als notwendig erweisen, auch Randgebiete des Faches oder Bereiche, die besser von anderen Fachlehrern behandelt würden, in den Arbeitsablauf zu integrieren. Die einfachere Form der Zusammenarbeit wird wohl sein, dass man von Fall zu Fall einen Kollegen um Unterstützung, vielleicht auch um eine entsprechende Schwerpunktverschiebung im Rahmen seines Lehrplans bittet. (Das könnte z.B. die Fächer Biologie oder Naturkunde betreffen. Auch der Musiklehrer könnte bei Gelegenheit, etwa im Zusammenhang mit dem Märchenspiel, zu Rate gezogen werden.) In anderen Fällen aber, wie etwa im Fall der Zusammenarbeit mit dem Kunsterzieher im Rahmen des Projekts Märchenspiel, handelt es sich um eine längerfristige Angelegenheit, und entsprechend muss auch die Planung langfristig ins Auge gefasst werden. Es empfiehlt sich in einem solchen Fall, einen „Stundenpool“ zu bilden, in den alle beteiligten Fächer ihre Stunden einbringen, um dann jeweils diejenigen Stunden an sich zu ziehen, die sachbedingt erforderlich sind. Es wird dann z.B. möglich und notwendig werden, die eine oder andere Deutschstunde „zu opfern“, um das Bühnenbild zu erstellen oder die Puppen sachgerecht anzufertigen. Anschließend könnte der Deutschunterricht wieder einige Stunden mehr für sich beanspruchen, wenn es um das schriftliche Fixieren der Texte oder um das darstellende Spiel selbst geht.

Auf einen letzten Aspekt sei in diesem Zusammenhang noch hingewiesen. Es hat sich als sehr zweckmäßig herausgestellt, im Sekretariat der Schule bzw. im Lehrerzimmer einen Schlüssel zu den entsprechenden Schränken usw. zu deponieren und die Kollegen und Kolleginnen für den Fall von Vertretungsstunden auf die Möglichkeit der Freiarbeit aufmerksam zu machen. Sie werden so zum einen entlastet vom überfallartigen Zwang, ad hoc Unterricht aus dem Ärmel zaubern zu müssen, zum anderen wird die Zeit sehr sinnvoll genutzt.

 

6.6 Zusammenarbeit mit den Eltern

Der Aspekt „Frei“ in der Wortfügung „Freiarbeit“ bedeutet auch und das hat sich immer wieder gezeigt sich frei zu machen vom Druck, den das Elternhaus manchmal ausübt. Es scheint mir äußerst sinnvoll und zweckmäßig, die Materialien und Unterlagen zur Freiarbeit ausschließlich im Klassenraum aufzubewahren, d.h. den Schülern nicht zu gestatten, außerhalb des dafür vorgesehenen Zeitrahmens das eine oder andere zu erledigen. (Es sei denn, es handelt sich um spezifische Aufgaben wie etwa Befragungen usw.) Nur so können wir gewährleisten, dass sich die Eltern zurückhalten und dem Kind alle Aktivitäten allein überlassen. Allerdings setzt das „vertrauensbildende Maßnahmen“ voraus. So wird es vor allem notwendig, möglichst bald nach Beginn der Freiarbeit im Rahmen eines Elternabends ausführlich über die Projekte, die man vorhat, sowie über das Gesamtunternehmen „Freiarbeit“ und über die pädagogischen und didaktischen Absichten zu informieren. So wird auf der Basis der Entscheidungen der Kinder, beispielsweise etwa auch anhand der Arbeitsbögen, eine fundierte Beratung möglich, und es fällt nicht allzu schwer, den Eltern den einen oder anderen Gesichtspunkt einsichtig zu machen, ihnen die Begabungen ihrer Kinder anhand der Arbeiten, die ja jetzt vorliegen, zu verdeutlichen und so kindgemäße Schullaufbahnentscheidungen herbeizuführen. Auf eine besondere Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Eltern sei hier hingewiesen: Bei vielen Projekten wäre die Mitwirkung von Fachleuten besonders willkommen. Wir können davon ausgehen, dass unter den Eltern unserer Schülerinnen und Schüler Fachleute anzutreffen sind. Das betrifft nicht nur den Bereich der Akademiker. Auch Handwerker sind hier besonders gefragt. So wäre es z.B. gut, wenn beim Aufbau der Bühne für das Märchenspiel ein Handwerker mit Rat und Tat zur Seite stünde. Auch Werbefachleute, Grafiker usw. werden gebraucht und könnten in den Arbeitsprozess eingebunden werden.

 

6.7     ...und wie kommt man zu Noten?

 

Wenngleich die Notengebung nicht unmittelbar etwas   mit Freiarbeit zu tun hat, so ist doch immer wieder erstaunlich, dass eine der ersten Fragen, die gestellt werden, lautet: „Wie bewertet man? Wie komme ich zu Noten?“ Es ist verständlich, dass die Lehrer, die selbst permanent unter „Notendruck“ stehen, auch an ihre Verwaltungsaufgabe, sprich: Notengebung, denken. Für die Freiarbeit allerdings gelten hier besondere Bedingungen. Selbstverständlich sind die Ergebnisse der Freiarbeit bewertbar. Aber diese Ergebnisse müssen eben erst einmal abgewartet werden, d.h.: Eine Bewertung ist erst am Ende eines Arbeitsprozesses durchführbar. Eine  Bewertung „auf freier Strecke“ ist besonders problematisch, da sie der individuellen Schwerpunktsetzung nicht Rechnung tragen kann. Eine Bewertung sollte sich am vorher festgelegten „Minimalstandard“ orientieren und von da aus die weiterreichenden Vertiefungen beurteilen.

M.a.W.: Man wird zunächst feststellen, ob ein Schüler / eine Schülerin die festgelegten minimalen Anforderungen erfüllt hat. Was darüber hinausreicht, sollte positiv zu Buche schlagen. Weiterhin sollte die Bewertung auch

den persönlichen Forschritt berücksichtigen. Dieser persönliche Fortschritt wird beobachtbar anhand der jeweiligen Arbeitsergebnisse und der fortschreitenden Ausarbeitungen bzw. Überarbeitungen. Grundsätzlich ist zu beachten: Die individuelle Leistung korrespondiert auch mit der Leistung der jeweiligen Gruppe, d.h.: Auch wenn Projekte im Rahmen einer Gruppenarbeit in Angriff genommen werden, ist es sehr wohl möglich (die Arbeitsunterlagen sind entsprechend konzipiert!), auch die individuelle Einzelleistung zu erfassen. Darüber hinaus sollte

aber auch die Fähigkeit in die Bewertung mit einfließen, in der Gruppe positiv mitzuarbeiten. Das bedeutet, dass der Lehrer auch als bewertender Beobachter in den Gruppen präsent sein sollte. Die Kriterien der Bewertung sind nun nicht allein von einem vorgegebenen Maßstab her abzuleiten. Gerade, wenn die Sache, das Produkt, im Mittelpunkt des Arbeitens steht, wird dieses Produkt auch bei der Entwicklung von Bewertungskriterien mit zu berücksichtigen sein. So ist es beispielsweise möglich, wichtige Kriterien des darstellenden Spiels aus dem üblichen fachwissenschaftlichen Kontext abzuleiten, allerdings: Einige Aspekte werden auch von den jeweiligen„Schöpfungen“ der einzelnen Gruppen her zu entwickeln   sein: Es handelt sich hier eben um spezifisch ästhetische Kriterien.

Und in Sek. I?

Besondere Merkmale des Konzepts für die Klassenstufen 7/8

Hinweis: Im Folgenden werden gelegentlich einzelne Unterrichtsprojekte wie Jahresplanungen angesprochen. Die detaillierten Hinweise zu diesen Projekten sowie ausführliche Arbeitsblätter finden sich in: F.Sch.: Warum denn nicht? Arbeitsblätter und Materialien zur Freiarbeit Deutsch; 7. und 8. Jahrgangsstufe; Klett Verlag Stuttgart 1996

 

1                Erhöhte Komplexität der einzelnen Projekte

 

1.1      Sachfelder

„Komplexität“ betrifft zunächst und vor allem die zu bearbeitenden Sachfelder. In der Sekundarstufe I stehen nicht nur die ersten größeren literarischen Werke an, auch die (sprachlich) zu bewältigenden Situationen liegen nun noch näher an der außerschulischen Wirklichkeit bzw. sie stehen ganz in ihr. Ausgehend von dem Grundsatz, den Schülern und Schülerinnen solle möglichst viel (Spiel-)Raum gewährt werden, ihnen solle all das überlassen werden, was sie, gegebenenfalls auch nur in Ansätzen, selbsttätig bewältigen können, sollen nun auch die aus der Komplexität der Gegenstände resultierenden Schwierigkeiten nicht vorab aus dem Weg geräumt werden. Das bedeutet freilich nicht, dass sie hilflos dieser Komplexität ausgeliefert werden. Sie sollen aber wohl diese Komplexität erfahren und nicht den Eindruck gewinnen, alles sei am Ende doch recht einfach — oft eine fatale Folge der Lehrerlenkung und des auf ein fragend-entwickelndes Verfahren aufbauenden Unterrichts. Zwischen den beiden Extremen Lehrerlenkung und völlige Auslieferung an die „Wirklichkeit“ wird ein Mittelweg zu suchen sein, der einerseits als Hilfe verstanden werden soll, der aber andererseits eine Gängelung der Schüler/ Schülerinnen weitgehend vermeidet. Das bedeutet für die Konzeption der Arbeitsblätter: Wenn auch nicht zu eng geführt werden soll, so ist doch eine behutsame Hilfe vorzusehen, die meist darin bestehen wird, dass Strukturierungsimpulse geboten werden. Darüber hinaus ist auch daran gedacht, den Aspekt einer angemessenen —jetzt konkret gegenstandsbezogenen! — Binnendifferenzierung zu berücksichtigen. (Siehe hierzu Näheres weiter unten!) Das bedeutet: Schüler/Schülerinnen, die sich in einem Sachgebiet schon mehr oder weniger zu Hause fühlen, sollten von komplexeren Aufgabenstellungen herausgefordert werden, während andere wiederum mehr Hilfen benötigen werden bei der Erledigung ihrer Arbeit. Natürlich wird man bei der Zusammenstellung des Gesamtprogramms eine angemessene Progression einplanen. Das bedeutet: Man sollte mit einfacheren Projekten beginnen (die sind schon komplex genug!) wie z. B. dem „Gold von Caxamalca“ und sich erst dann komplexeren Projekten (etwa „Kleider machen Leute“) zuwenden. Hier wird deutlich, dass auch die Strukturierungshilfen der Arbeitsblätter noch sehr konkret sind, während sie später zurückgenommen werden bzw. andere Felder betreffen oder im Dienste einer angemessenen Vertiefung stehen.

 

1 .2     Methoden

Komplexität betrifft so konsequenterweise auch die fachspezifischen Methoden. Es kann nicht Aufgabe der Schule sein, kleine Germanisten heranzuziehen. Wohl aber hat der Deutschunterricht darauf zu achten, dass einwandfreie fachmethodische Zugriffe vermittelt werden. Das wiederum bedeutet: Die von der Fachwissenschaft entwickelten Methoden sind nach entsprechender stufenspezifischer didaktischer Reduktion so anzuwenden, dass sie auch später entsprechend weiter differenziert werden und Geltung beanspruchen können. Drei Bereiche werden von dem hier Angesprochenen betroffen:

—   Das Feld der Textanalyse und Interpretation:

Einzelne Projekte führen ein in eine fachwissenschaftlich akzeptable, textbezogene und historische Bedingungen einbeziehende Interpretation

muss berücksichtigt werden. Dabei werden Herstellungskriterien zu entwickeln oder vorzugeben sein, die sich an der außerschulischen (Text)-Realität und den jeweiligen zu erwartenden Situationen orientieren.

—   Schließlich ist der Bereich „Reflexion über Sprache“ betroffen. Hier wird es zunehmend darum gehen, die Schüler und Schülerinnen mehr und mehr vertraut zu machen mit dem Gebrauch wissenschaftlich fundierter Wörterbücher und mit Verfahren etwa der Beschreibung etymologischer Gegebenheiten. Man mag hier einiges für verfrüht halten. Wer aber schon einmal in einer 7. oder 8. Klasse zu einem entsprechenden Thema schülerorientiert gearbeitet hat, wird bestätigen, mit welch‘ großem Interesse die Schülerinnen und Schüler sich gerade solchen Themen zuwenden.

 

1.3      Organisationsformen

Komplexer werden schließlich auch die Arbeitsweisen bzw. die Organisationsformen, die das Arbeiten regulieren. Wenn die Sachgebiete komplexer werden, so werden zwangsläufig auch die Arbeitsprozesse komplexer, die diesen Sachgebieten gelten. Zwar haben wir es in der Regel noch mit linearen Prozessen zu tun, die durch die Anlage der Arbeitsblätter noch in Phasen gegliedert und damit vereinfacht sind, in die Abläufe selbst aber sind immer öfter z. B. Warteschleifen, Wiederholungen, parallele Abläufe u. Ä. eingelagert. Schließlich werden auch vernetzte Prozesse wichtig, die für die Kinder zunächst nicht ohne weiteres zu durchschauen sind. Gerade der Ablauf in der Wirklichkeit bietet eine einmalige Chance, Vernetzungen anschaulich zu erleben, Bedingungen, Folgen und dergleichen zu erkennen und die eigene Aufgabe und ihre Bedeutung in einem solchen Prozess genauer zu bestimmen. Damit wird auch die Verantwortung deutlich, die man mit einer solchen Aufgabe übernommen hat. Beispiel: Im Rahmen des „Projekts Landschulheim“ wird die Zustimmung der Eltern benötigt. Die zuständige Gruppe plant einen Elternabend, auf dem informiert, argumentiert, überzeugt oder eben überredet werden soll. Man überlegt. Was werden die Eltern wissen wollen? Natürlich: die Kosten. Die Gruppe „Transportfragen“ hat erste Kostenvoranschläge von Busunternehmen, die Gruppe „Zielplanung“ kann erst etwas Genaueres sagen, wenn der Zielort festgelegt worden ist, der aber kann erst festgelegt werden, wenn der Termin festliegt. Einen Termin kann man erst bestimmen, wenn man die Zustimmung des Schulleiters hat. Der stimmt erst zu, wenn die Zustimmung der Eltern vorliegt Der Kreis hat sich geschlossen.

Ein zweiter Kreis: Die Kosten für Verpflegung: Verschiedene Modelle liegen vor, entschieden kann erst werden, wenn . Die Schüler sind ratlos — aber sie wollen ins Landschulheim. Und sie finden einen (Aus-)Weg. Zunächst aber müssen sie die Gesamtsituation erfasst und analysiert haben, dann kann der entscheidende Punkt ausgemacht und geklärt werden. Komplexität der Arbeitsweisen meint aber noch mehr. Es wird nicht mehr genügen, einen Auftrag gewissermaßen von A bis Z auszuführen. (Natürlich wäre das an sich genug, aber das Optimum ist es eben nicht.) Mehr und mehr wird methodische Fantasie gefordert, wenn eine „optimale Lösung“ erreicht werden soll. Beispiel: In unserem „Fall Landschulheim“ hätte man sich auf die niedrigste Kostenebene einigen, die Eltern schriftlich informieren, eine vorläufige Einverständniserklärung einholen und dann die Genehmigung des Schulleiters erreichen können. Man geht aber einen anderen Weg: Man diskutiert mit dem Schulleiter. holt sich die (vorläufige) Genehmigung (vorbehaltlich der Zustimmung ...)‘ lädt die Eltern ein, unterbreitet ihnen den eigenen (erwünschten) Vorschlag und diskutiert, bis alle einverstanden sind. Man hätte auch einen dritten Weg wählen können: Man hätte versuchen können, alle Beteiligten zusammenzubringen und die allgemeine Zustimmung aushandeln können.

Oder aber…

  

2       Stärkere Einbeziehung der Schüler in Entscheidungsprozesse auch hinsichtlich der zeitlichen Planung

 

Es ist daran gedacht, immer mehrere Projekte parallel laufen zu lassen, wobei jeder Schüler und jede Schülerin an jedem Projekt beteiligt ist, die Gruppenzusammensetzungen aber von Projekt zu Projekt wechseln. Das hört sich zunächst kompliziert an, sieht nach Chaos aus und lässt die Befürchtung entstehen, am Ende gehe dann überhaupt nichts mehr. Zunächst: Etwas Chaos ist tatsächlich beabsichtigt. Nur so kann Ordnung entstehen, innerhalb derer dann noch etwas Produktives erreicht werden kann. Im konkreten Fall wurde folgendermaßen verfahren:

Nach der Eröffnung des Projekts „Das Gold von Caxamalca“ wurde in der folgenden Sitzung der Landschulheim-Aufenthalt angekündigt. Die ersten Arbeitsblätter wurden ausgegeben. Wiederum eine Sitzung später wurde der Plan angekündigt, eine Festschrift zum 20-jährigen Bestehen des Schülerblasorchesters zu verfassen. Auch jetzt wurden erste Organisationspapiere ausgeteilt und Aufträge formuliert. Schließlich gab es in der folgenden Sitzung noch die Möglichkeit, sich mit Fremdwörtern zu beschäftigen. Natürlich haben sich die Schülerinnen und Schüler immer wieder zunächst auf das Neue gestürzt, wollten sich informieren und in eine entsprechende Gruppe eintragen. Letzteres aber war erst möglich nach einer längeren Phase des Überlegens. Dabei sollte sich dann jeder Einzelne in zwei Gruppen eintragen und vermerken, ob es sich um die erste oder zweite Wahl handelte. (Damit hatte der Lehrer noch etwas Spielraum, nach Leistungsfähigkeit zu differenzieren.) Den Schülern/Schülerinnen lag zunächst die Fahrt ins Landschulheim am meisten am Herzen und so stürzten sie sich mit Eifer in die Arbeit. Bald aber waren sie am Ende:

Sie mussten warten. So wurde es bald ruhiger und einige Gruppen kehrten zurück zum „Gold von Caxamalca“. Auch nach der Eröffnung des Festschrift-Projekts war Ähnliches zu beobachten. Man war mit Eifer bei der Sache, sah dann aber schnell ein, dass man sich erst Informationen beschaffen musste. Auch jetzt konnten wieder andere Projektteile in Angriff genommen werden. Selbstverständlich waren gerade wichtige Termine fixiert (Abschluss der Vorplanungen für das Landschulheim; Erscheinungstermin der Festschrift), so dass der zeitliche Rahmen, innerhalb dessen man sich bewegen konnte, feststand. Es war nun zu beobachten, dass selbst in Stresszeiten (wenn also z. B. die Endredaktion der Festschrift anstand) die Schüler und Schülerinnen auf die Arbeit an anderen Themen auswichen, wenn sie genug hatten von der immer gleichen Arbeit am selben Gegenstand. Gerade diese Möglichkeit, sich mit etwas ganz Anderem zu beschäftigen, wenn sich Ermüdungserscheinungen bemerkbar machten, wurde immer wieder genutzt. Man beachte: Die Schüler wichen nicht der Arbeit generell aus. Sie hatten nur eben von einer Arbeit genug. Aufs Ganze gesehen hat dieses Abwechseln der Arbeit nicht geschadet: Die Festschrift erschien termingerecht (wenngleich für das Binden noch ein Nachmittag eingelegt werden musste), die Vorplanung für das Landschulheim konnte weitgehend abgeschlossen werden und auch am „Gold von Caxamalca“ wurde ernsthaft gearbeitet. Beim Wechsel entstanden zunächst noch Wartezeiten, da ja neue Gruppen konstituiert werden mussten. Mit Beginn des Projekts „Fremdwörter“ konnten solche Wartezeiten überbrückt werden. Später gab es dann weitere Möglichkeiten der Einzelarbeit, als die Texte für die Festschrift verteilt waren.

 

 

3       Einbeziehung aller vom Lehrplan geforderten literarischen Formen sowohl unter rezeptivanalytischem als auch unter produktionsorientiertem Aspekt

 

Prinzipiell ist es möglich, alle im Lehrplan vorgesehenen Formen in Projekte einzubinden. Es wurde hier bewusst eine Auswahl getroffen, die sich leiten ließ vom Gedanken der Lehrplankonformität, dann aber auch von Fragen der Motivation sowie der Praktikabilität, d. h. es sollte möglich sein, ohne allzu große Kosten, aber auch ohne allzu viele

Lehrereingriffe ein Projekt zu bearbeiten. Für den Bereich Lyrik wurde kein eigenes Projekt ausgewiesen. In der Praxis wurde ein kleineres Projekt zum Thema „Gedichte und Bilder“ angeboten, das von den Schülerinnen/Schülern erwartete, dass sie zu selbst ausgewählten Gedichten Bilder suchten bzw. anfertigten. In einem eigenen Text sollte jeweils die Bildwahl begründet und der Zusammenhang zwischen Text und Bild erläutert werden. So war es zwanglos möglich, in den Gesamtbereich der Metapher einzuführen, ohne allzu viel Theorie bemühen zu müssen.

 

  4       Stufenangemessene Binnendifferenzierung

 

In der Orientierungsstufe ging es noch darum, mittels einer inneren Differenzierung auch Schüler/ Schülerinnen zu aktivieren, die eigentlich den „falschen“ Schulweg eingeschlagen hatten. Ihnen sollten Erfolgserlebnisse vermittelt werden, indem ihnen Leistungen abverlangt wurden, die sie auch erbringen konnten. So sollten sie bzw. ihre Eltern die Chance bekommen, am Ende der 6. Klasse eine angemessene Schullaufbahnentscheidung zu treffen. Nun gibt es eine neue Zielsetzung:

Ich gehe davon aus, dass die Schüler bzw. ihre Eltern am Ende der Orientierungsstufe die „richtige“ Laufbahnentscheidung getroffen haben. Nun wird eine Differenzierung notwendig, die die Neigungen und Begabungen der Schüler und Schülerinnen berücksichtigt und Möglichkeiten schafft, gerade in den Bereichen, in denen eine besondere Begabung vorliegt, auch Besonderes. d. h. etwas, das über das übliche Maß hinausgeht, zu leisten. Wohlgemerkt:

Es geht nun nicht mehr um eine Differenzierung nach „gut“ und „schlecht“, „leistungsfähig“ und „weniger leistungsfähig“. sondern darum, qualitativ verschiedene bzw. verschiedenartige, aber am Ende doch vom Anspruchsniveau her gleichartige Angebote zu machen, die ein breites Begabungsspektrum berücksichtigen. Dabei können natürlich nicht alle Einzel- und Sonderbegabungen bei der Planung berücksichtigt werden. Es wird aber der Lehrerin/ dem Lehrer immer unbenommen bleiben müssen, bei Gelegenheit entsprechende Aufgaben auszugrenzen oder auch Teilprojekte zu konzipieren. die auch einmal solchen Begabungen besondere Leistungen abfordern. Im vorliegenden Konzept ist bei einigen Projekten an eine Differenzierung gedacht, die etwa die folgenden .‚Begabungsrichtungen“ berücksichtigt, d. h. Schülern. die in die eine oder andere Richtung tendieren, die Möglichkeit bietet, hier Besonderes zu leisten:

 

4. 1    Kreativ-musisch-schöpferischer Akzent

Für derartige Arbeits(-teil-)projekte sollten sich Schülerinnen und Schüler entscheiden, wenn sie glauben, eigenständige Ideen entwickeln, Vorgegebenes kreativ verändern/verbessern zu können. Aber auch Schüler, deren Stärke etwa darin liegt, sich in Situationen hineinversetzen und aus der „Innenperspektive“ etwas nachvollziehen und beurteilen zu können, könnten hier ihr Talent entfalten. Beispiel:

In „Das Gold von Caxamalca“ ist in der zweiten Phase der Aspekt „Inka“ zu bearbeiten. Hier ist es erforderlich, sich in die völlig fremde Kultur hineinzudenken und aus der Perspektive des dieser Kultur angehörenden Inka die „Fremden“ zu beurteilen, aber auch das eigene Verhalten zu erläutern bzw. zu begründen, ehe den Mitschülerinnen und Mitschülern die Figur verstehbar gemacht werden kann. Oder: Im Projekt „Landschulheim“ ist daran gedacht, am Zielort verschiedenste Aktivitäten zu entfalten. Diese Aktivitäten müssen geplant werden. Eine Gruppe wird sich mit der Planung und Gestaltung eines „bunten Abends“ beschäftigen. Es dürfte schnell klar werden, dass sich nicht alle von einer solchen Aufgabe angesprochen fühlen. Dass aber gerade ganz bestimmte Schüler hier ein breites Betätigungsfeld finden, dürfte ebenso einleuchten. Natürlich lassen im Rahmen einzelner Projekte einzelne Aufgaben bzw. Aufgabengruppen auch genügend Spielraum, besonders künstlerisch Begabte entsprechend zu fordern und zu fördern. (Hier sei vor allem an die Phasen der Präsentation erinnert, wo sich immer besondere Gestaltungsaufgaben finden lassen.)

 

4.2     Begabungen, die in Richtung „exakte Beschreibung“, experimentelle Erprobung und Erforschung, kurz: in Richtung naturwissenschaftliches Denken gehen.

Hier ist keineswegs daran gedacht, eine „Abteilung Kulissenbauer und -schieber“ für die Theater-AG zu eröffnen. Vielmehr wurden bei einer Vielzahl der konzipierten Projekte Aufgabenfelder vorgesehen, die entsprechende Begabungen in besonderer Weise zu fordern und zu fördern. Das geht von der exakten Planung von Wanderungen am Landschulheim-Ort über die gesamte logistische Aufbereitung des Unternehmens Landschulheim (Transportfragen, Verpflegung usw.) bis zur Auswahl einzelner Teilprojekte im Rahmen des Bereichs „Fremdwörter“.

 

4.3     Besondere Begabungen im Bereich Sprache bzw. sprachliche Gestaltung

Hier sind die Schüler und Schülerinnen angesprochen, die sich im Fach Deutsch auch im Frontalunterricht wohl gefühlt haben, die hier zu den Leistungsspitzen gehörten. Sie werden nun entlastet von den Dingen, die sie nicht so sehr interessieren, und können sich infolgedessen noch intensiver um die Dinge kümmern, von denen sie einiges verstehen. So fordern einzelne Projekte Schüleraktivitäten, die, würde man sie im Frontalunterricht behandeln, doch in den Bereich der späten Sekundarstufe I gehören. (Man vergleiche in diesem Zusammenhang etwa einzelne Textsorten im Projekt „Festschrift".)

 

4.4     verbindliche Standards

Ein Problem wird schon jetzt deutlich: Gerade wenn man in der angedeuteten Art und Weise differenziert, kann es problematisch werden, einen für alle verbindlichen Standard zu gewährleisten. Gerade was den Standard betrifft, ist jetzt schon festzuhalten: Es wäre vermessen, wollte man das, was die Besten im jeweiligen Begabungsfeld zu leisten vermögen, als gültig für alle setzen. Aber es sollte andererseits auch gewährleistet sein, dass zumindest die Lehrplanforderungen als Standard für alle angenommen werden können. Dabei bleibt es — auch das sei betont — den besseren Schülerinnen/Schülern unbenommen, auch einmal weit über dem Standard liegende Leistungen zu erbringen. Wir dürfen uns dann aber durch solche Spitzenleistungen nicht im Blick für die Realität der übrigen Klasse verstellen lassen. So schön und willkommen Einzelleistungen sind: Sie stellen eben nicht das dar, was alle zu leisten vermögen. (Auch so kommen wir der außerschulischen gesellschaftlichen Realität nahe!) Da nun aber in annähernd allen Projekten verschiedenartige Leistungen eingefordert und immer verschiedenartige Spitzenleistungen erbracht werden, ergibt sich so die Möglichkeit, im Gesamtergebnis doch Optimales (oder sagen wir bescheidener: die besonderen Leistungen einzelner) zu bündeln und als Gesamtergebnis vorzulegen. Die Schüler und Schülerinnen erfahren so eindrücklich, was es bedeutet, im Team den eigenen Part einzubringen und dadurch das Gesamtergebnis ebenfalls zu optimieren. (Übrigens: Soll dann Leistung bewertet werden. so empfehle ich, nicht die Einzelbeiträge, sondern eben dieses Schlussergebnis zu bewerten und jedem Beteiligten dieselbe Note zu geben. Nur so wird das Gesamtergebnis auch wirklich ernst genommen.) Wie im Rahmen dieses Konzepts das Problem der Gewährleistung von verbindlichen Standards gelöst werden soll, wird weiter unten erläutert.

Auf ein besonderes Element der verschiedenen Planungen soll hier besonders hingewiesen werden:

Es liegt ganz im Sinne des Grundkonzepts, die Schüler/Schülerinnen in die Lage zu versetzen, komplexere Arbeiten planend in Angriff zu nehmen. So sollen ihnen Qualifikationen vermittelt werden, die ihnen ihr späteres Leben abverlangt. Gleichzeitig soll deutlich werden, dass eine einmal erarbeitete Planungsstruktur nicht immer gültig sein kann. Sie mag zwar auf eine Vielzahl von Fällen transferierbar sein (solche Transferleistungen könnten selbstverständlich auch gefordert bzw. eingeübt werden!), aber es ist immer mit Fällen zu rechnen, in denen neue Planungsstrategien erforderlich werden. Dass dieses Konzept darauf angelegt ist, Variationen gegebenenfalls durchzuprobieren. ist daran zu sehen, dass den verschiedenen Projekten ganz verschiedenartig strukturierte Planungsübersichten vorangestellt sind. Dabei geht es einmal um lineare Zeit- .und Arbeitsablaufplanungen, zum anderen um eher statische Übersichten und Strukturierungen von verschiedenen Problemfeldern oder auch um die Organisation von themenorientierten Arbeitsgruppen u. Ä. Diese Arbeitsblätter sollten auf jeden Fall mit den Schülern und Schülerinnen besprochen werden. Die jeweilige Eigenart könnte dabei (zumindest gegen Ende der 8. Klasse. wenn der Vergleich verschiedener Versionen möglich wird) herausgestellt und reflektiert werden. Reizvoll wäre es natürlich. am Ende einer Arbeit zurückzukehren zum Ausgangsplan und gegebenenfalls ein verbessertes Planungsmodell zu entwerfen, in das dann die gewonnenen Erfahrungen eingearbeitet werden können.

  

Probleme, die auftreten

 Freiarbeit stellt kein Allheilmittel dar, wiewohl sie sich bewährt hat als eine Methode, gerade durch die Freisetzung bzw. Übertragung von Verantwortung Schüler zu aktivieren. Allerdings: Gerade ein Ernstnehmen der Übertragung von Verantwortung birgt natürlich auch einige Gefahren in sich, die nicht wegzudiskutieren sind. Es ist immer damit zu rechnen, dass einzelne Schülerinnen oder Schüler der Arbeit aus dem Weg zu gehen versuchen, dass sie sich als Nutznießer an andere anhängen. Dem lässt sich etwas entgegensteuern, wenn man darauf achtet, dass der Arbeitsplan sorgfältig ausgefüllt wird im Sinne eines Rechenschaftsberichts. Er lässt dann erkennen, woran wie lange gearbeitet wurde. Weiterhin aber, das hat sich immer wieder gezeigt, sorgen die einzelnen Gruppen dafür, dass ihre Mitglieder bei der Sache bleiben. Man sollte sich allerdings als Lehrer auch nicht davor scheuen, einzelnen, die mit der ihnen gewährten Freiheit nicht umgehen können, dahingehend Hilfestellung zu leisten, dass man ihnen so lange Arbeiten zuteilt, bis sie in der Lage sind, eigenverantwortlich aktiv zu werden. Aber auch andere Probleme werden immer wieder auftreten:

 

1       Motivationsfragen (in der Regel alters-/entwicklungsbedingt)

Viele Probleme lassen sich schon dadurch deutlich vermindern, wenn nicht gar ganz vermeiden, dass man Abwechslung schafft. Das bedeutet konkret:

Man sollte immer mehrere Arbeitsfelder aus mehreren Projekten parallel offen halten. Die Schüler haben so die Möglichkeit auszuweichen. Die Erfahrung zeigt, dass es sich bei Motivationsdefiziten oft um eine temporäre Angelegenheit handelt. Man „hat halt gerade mal keinen Bock auf Novelle

In einer Woche kann das ganz anders aussehen. Bis dahin sollte der Lehrer auf Zwang verzichten, soweit dies möglich ist, ohne dass ganze Projekte gefährdet werden. Soll die Schülerin/der Schüler, die/der eben nicht motiviert ist für die Arbeit an einem Teilprojekt, an einem anderen Projekt arbeiten, das ihm im Augenblick mehr zusagt. Freilich: Solche Aussagen gehen meiner Erfahrung nach von Schülern und Schülerinnen aus, die die richtige Schullaufbahnentscheidung getroffen haben, bei denen man also so etwas wie eine positive Grundeinstellung und damit eine grundsätzliche Motivation voraussetzen kann. Das Gesagte stellt keinen Freibrief dar für Minimalisten oder Trittbrettfahrer. Es sollte aber bedacht werden, dass eine positive Einstellung zum Stoff die Arbeit selbst (und natürlich auch das Arbeitsergebnis) in entscheidendem Maß beeinflusst, zumal wenn Prozess und Ergebnis weitestgehend in der Verantwortung des Schülers liegen.

Es sollte allerdings auch sichergestellt bleiben, dass einmal festgelegte Termine eingehalten werden.

 

2       Schaffung eines allen zugänglichen Wissens- und Kenntnisstandes hinsichtlich der Grundfertigkeiten und -kenntnisse, die jedem Projekt zugrunde liegen

 Konkret heißt das: Wie lässt es sich z. B. gewährleisten, dass, obwohl nur eine Gruppe ein Teilproblem erarbeitet hat, alle die nötigen Kenntnisse erlangen. die sie für ihre eigene Weiterarbeit brauchen? Das Konzept sieht hier verschiedene Wege vor (die einzelnen Projekte realisieren jeweils einen Weg, selbstverständlich lassen sich die Wege auch kombinieren bzw. austauschen und an die konkreten Arbeitsbedingungen angleichen):

a)  Der Gesamtarbeitsprozess ist so zu strukturieren, dass die Grundprobleme (und damit auch die entsprechenden Problemlösungen) in jeder Teilgruppe auftauchen und so auch von jeder Teilgruppe bearbeitet werden müssen. Das kann zeitverschoben und/oder inhaltsverschieden angelegt sein; entscheidend ist, dass die Problemstrukturen und auch die zu erarbeitenden Lösungsstrukturen gleich sind. Beispiel: Im Projekt „Landschulheim“ taucht für alle Gruppen das Problem auf, brieflich mit Institutionen, Unternehmen usw. Kontakt aufzunehmen. Es muss also ein Geschäftsbrief entworfen werden, der zwar an die konkreten Bedürfnisse angepasst sein wird, dessen Struktur aber in allen Gruppen identisch ist.

b)    Die Gesamtarbeit wird in mehrere Phasen aufgegliedert. In jeder Phase werden die Gruppen neu zusammengesetzt. (Selbstverständlich können auch alte Gruppierungen erhalten bleiben!) In einem Vorlauf wird das Grundwissen erarbeitet und gruppenweise allen präsentiert. Das Nachvollziehen der Präsentationen lässt sich zusätzlich dadurch motivieren, dass man schon die zweite Phase anlaufen lässt und so den Schülern die Gelegenheit gibt, erste Erfahrungen mit ihren Lücken, ihrem „Noch-nicht-Wissen“ zu machen. Gerade da werden sehr intensive Rückfragen im Rahmen der Präsentationen den jeweiligen Experten einiges abverlangen. Beispiel: Das Projekt „Hörspiel“ ist so angelegt, dass in einer Vorlaufphase wichtige Einsichten in Strukturen und Darstellungsmöglichkeiten des Hörspiels erarbeitet werden. Nun können nicht alle Gruppen sich mit dem Problem  „Raumdarstellung“ befassen, wiewohl alle später genau Bescheid wissen müssen, wenn sie ein eigenes Hörspiel produzieren wollen. Die entsprechende Arbeitsgruppe wird bei der Präsentation ihrer Ergebnisse zum Problem der Raumdarstellung sehr interessierte Hörer haben, da sie Lösungen anzubieten hat für Probleme, die sich allen stellen.

c)  Gruppen arbeiten an verschiedenen Teilen eines Großprojektes. Nun wird eine Redaktionsgruppe gebildet, in die jede Arbeitsgruppe einen Vertreter schickt. Diese Gruppe sorgt für einen angemessenen Informationsfluss. Beispiel: Im Projekt „Festschrift“ wird an verschiedenen Teilprojekten gearbeitet. Die Redaktionsgruppe sorgt nicht nur für die Einhaltung des Terminplans und die Beachtung der Rechtschreibregeln. sondern sie informiert auch die einzelnen Arbeitsgruppen über das von den andern Erarbeitete. Dieses Verfahren birgt natürlich die Gefahr in sich, dass am Ende eben doch nur das von der eigenen Gruppe Bearbeitete wirklich erfasst ist, während etwa die Textarten der anderen Gruppen eben noch zur Kenntnis genommen werden, aber die „Strickmuster“ schon nicht mehr interessieren. Hier könnte vielleicht eine Ausweitung der Präsentationsaufträge eine Lösung darstellen. Die Gruppen stellen nicht nur ihre (Ergebnis-)Texte vor, sondern erläutern auch sehr konkret (notfalls auch noch mit Hilfe von entsprechenden Arbeitspapieren, die sie erstellt haben!), wie sie zu ihren Texten gekommen sind.

 

 

Präsentation von Ergebnissen: Öffentlichkeit als Partner

 

 

Die Dokumentation bzw. Präsentation der Ergebnisse spielt im vorliegenden Konzept eine zentrale Rolle. Dabei trifft der Ausdruck „Präsentation der Ergebnisse“ nicht in jedem Fall das, was eigentlich gemeint ist. Vielleicht würde man besser sagen: „ernst machen mit den Ergebnissen“.

Bei aller Wichtigkeit des Erlernens von methodischem Know-how, von Teamfähigkeit usw. geht es doch bei der Freiarbeit auch immer und gerade um das Ergebnis der Arbeit. Gerade im Zusammenhang mit der Freiarbeit darf es eben nicht heißen: Der Weg ist das Ziel. Durch das Ernstnehmen der Ergebnisse verändert sich der gesamte Arbeitsprozess qualitativ. Schon um dieser Veränderungen willen müssen wir unser besonderes Augenmerk den Ergebnissen zuwenden. Wenn hier von .‚Präsentation der Ergebnisse“ gesprochen wird, so hat das seinen Grund darin, dass es sich in vielen Fällen tatsächlich um eine Präsentation des Arbeitsergebnisses handelt. Dabei kommen ganz verschiedenartige Präsentationsformen und -arten in Frage, je nach Art des Arbeitsbereichs und der verabredeten Zielsetzungen. Wenden wir uns also zunächst den Fällen zu, in denen die Ergebnisse der Arbeit in schriftlicher oder mündlicher Form präsentiert werden. Bei allen Arbeitsbereichen, die eine Präsentation vorsehen, müssen natürlich auch konkrete Aufgaben formuliert sein, die auf eine solche Präsentation abzielen. Das bedeutet: Die jeweilige Arbeitsgruppe bzw. der Einzelne muss Überlegungen zur Präsentation anstellen und ist für die Präsentation verantwortlich. Dabei wird der Rahmen vorgegeben, während man hinsichtlich der Form so viel Freiheit wie möglich lassen sollte. Wenn wir von „Präsentation“ sprechen, so implizieren wir automatisch, es gebe ein Forum, auf dem wir unsere Ergebnisse präsentieren können. Für unsere Präsentationen kommen verschiedene Präsentationsforen in Frage:

a)     In jedem Fall haben wir es mit dem Forum der Klassenöffentlichkeit im engeren Sinn zu tun. Bei diesem Forum geht es um die Mitglieder der Klasse als Zielgruppe, wobei verschiedene Formen und Medien der Präsentation genutzt werden können. Das reicht vom referierenden Vortrag bis zur Diskussion oder auch Podiumsdiskussion, außerdem können ganz verschiedene Medien vom Informationspapier über das Plakat bis zur Darstellung im Spiel genutzt werden.

b)     Das zweite Präsentationsforum stellt die Klassenöffentlichkeit im weiteren Sinne dar. Hierbei handelt es sich um all diejenigen, die in einer gewissen Weise mit der Klasse zu tun haben, so z. B. die Eltern, nähere Angehörige, aber auch die in der Klasse unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer. Gerade das hier angesprochene Forum sollte recht häufig genutzt werden. Es empfiehlt sich vor allem im Zusammenhang mit dem darstellenden Spiel, aber auch mit schriftlichen Veröffentlichungen verschiedenster Art, diese Öffentlichkeit anzusprechen.

c)      Das nächste Forum ist in der Schulöffentlichkeit zu sehen. Damit sind alle Mitglieder der Schule gemeint. Dieses Forum kommt nicht allzu häufig in Frage, allerdings könnte man es schon gelegentlich ins Auge fassen z. B. im Zusammenhang mit Schulfeiern, Sportfesten, Abschlussgottesdiensten usw.

d)     Das vierte Forum ist in der Schulöffentlichkeit im weiteren Sinne zu sehen. Dazu gehören neben den Mitgliedern der Schule alle, die mit der Schule zu tun haben, wie Eltern, Freundeskreis usw. Dieser Rahmen wird immer wieder bei größeren Vorhaben in Frage kommen. Ich denke da etwa an Ausstellungen (zu einem Autor, einem Thema ...), an Spiele und vergleichbare Aktionen, wie sie sich etwa im Rahmen eines Schulfestes anbieten.

e)     Auf ein letztes Forum möchte ich nur kurz eingehen: Die allgemeine Öffentlichkeit. Ich denke, wir sollten uns nicht anmaßen, mit vielen unserer Projekte in diese Öffentlichkeit zu drängen und z. B. versuchen, einen Pressebericht im Lokalteil der Tageszeitung unterzubringen. Wir sollten uns nicht zu leichtfertig der Lächerlichkeit preisgeben, sondern uns auf die Öffentlichkeit beschränken, für die wir auch sinnvoll arbeiten können.

In vielen Fällen aber wird es nicht um ein präsentierbares Ergebnis gehen, sondern um eine Aktion, ein Erlebnis, eine Unternehmung. In diesen Fällen steht die Aktion für sich und sollte genügen. Allerdings: Es kann sehr wohl sinnvoll (und auch für die einzelnen präsentierenden Gruppen reizvoll!) sein, wenn den Übrigen mitgeteilt bzw. erklärt wird, was die einzelnen Gruppen alles unternommen haben, wie sie vorgegangen sind, worauf geachtet werden musste, welche Erkenntnisse man gewonnen hat usw.

 

Hier finden Sie eine PPP zu einigen Themen (Berufe, und w as sie mit Sprache zu tun haben; Feature; Aufklärung). Es werden vor allem die Ablaufstrukturen vorgestellt. Inhalte finden Sie:

bullet

Aufklärung: Bernd Balg/Friedel Schardt: Aufklärung -Traum oder Albtraum? Schülerarbeitsheft für die Sekundarstufe II; Ernst Klett Schulbuchverlag, Leipzig, Stuttgart, Düsseldorf 2002 (3.Aufl. 2004)

bullet

Berufe und was sie mit Sprache zu tun haben: Siehe hier

bullet

Feature: Siehe hier